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„Schlachtrufe arischer Krieger“? – Neonazi-Band bei Metal-Festival in Reichenthal/Freistadt

Zum dritten Mal findet heuer in Reichenthal das „Northern Lights“-Metalfestival statt. Unter den zahlreichen für das Konzert angekündigten Musikgruppen, die vorwiegend „unpolitischen“ Charakters sind, finden sich auch eine neonazistische Band aus der Ukraine und mehrere Bands, die offenbar keine Berührungsängste zur rechten Szene haben. So bezeichnet die ukrainische Band „Kroda“, die als Hauptact in Reichenthal auftreten soll, ihre Musik als „Ertönen schrecklicher Schlachtrufe von arischen Kriegern (…) und das wütende Gebrüll von arischer archetypischer wölfischer Natur“. Der Frontmann eines weiteren Hauptacts, der finnischen Band „Baptism“, ist auch in mehreren neonazistischen Musikgruppen aktiv, eine davon verwendet in ihrem Bandlogo etwa ein Hakenkreuz und SS-Runen. Verbindungen zur rechten Szene/zu rechtem Gedankengut sind des weiteren auch für die auftretenden Bands „Djur“, „Dies Ater“, „Moredhel“ und „Saltus“ nachzuweisen (siehe Dossier im Folgenden). Die Aktivisten Thomas Rammerstorfer und Markus Rachbauer, die sich seit Jahren kritisch mit rechter Musik beschäftigen, warnen: „Hier soll offenbar Musikgruppen, die keinen Hehl aus ihrer menschenverachtenden Ideologie machen und offen den Nationalsozialismus verherrlichen bzw. Abgrenzungsprobleme zu derartigem Gedankengut haben, eine Bühne geboten werden. Konzerte, bei denen rechte Bands neben unbedenklichen Gruppen auftreten, sind zwar nicht als politische Veranstaltungen zu betrachten, bieten aber einen willkommenen Treffpunkt und Austauschmöglichkeit – auch für Ewiggestrige, die sich unter das Publikum mischen.“

DOSSIER zu den rechten Bands beim „Northern Lights Festival“ in Reichenthal

Schon in den letzten beiden Jahren fand das sogenannte „Northern Lights Festival“ – ein Black bzw. Pagan Metal-Konzert im Schloss Waldenfels in Reichenthal bei Freistadt statt, heuer soll es in der „Grasslmühle“ im selben Ort über die Bühne gehen. Diese Musikrichtungen sind Varianten des Heavy Metals, die in den 1980ern bzw. 1990ern entstanden sind. Innerhalb der Black/Pagan Metal-Szene gibt es einen rechten bis neonazistischen Flügel, der szeneintern auch als „National Socialist Black Metal“ (NSBM oder NS-Black Metal) bezeichnet wird. Das „Northern Lights Festival“ sorgte bereits im Jahr 2009 für Diskussionen, da die aufgrund ihrer Rechtslastigkeit umstrittene deutsche Band „Nargaroth“ für einen Auftritt angekündigt war (1). Der Auftritt konnte dennoch stattfinden, 2010 spielte die Band erneut bei dem Festival. Eine Aussage des Besitzers des Schlosses, in dem die Konzerte bisher stattfanden, mit der er sich auf Kritik an der Veranstaltung bezogen hatte, muss an dieser Stelle hinterfragt werden: Er hatte gemeint, die Veranstaltung (das „Northern Lights Festival“ im Jahr 2009) sei friedlich abgelaufen und: „Nazis sehen anders aus“ (2). Die Zeiten, in denen man Neonazis ganz einfach an ihrem Aussehen erkennen konnte, sind jedoch längst vorbei: Heute treten Rechte und Neonazis häufig nicht mehr in der bekannten, klischeehaften Montur (Springerstiefel, Glatze, Bomberjacke) auf, sondern kleiden sich relativ unauffällig. Braune Recken erscheinen im Nadelstreif-Anzug oder im modernen Outfit mit Skaterhosen, Piercings und bunten T-Shirts oder eben in schwarzer Kleidung und mit langen Haaren. Um ein Verleugnen des rechten Problems auch beim „Northern Lights Festival“ zu verhindern, werden im Folgenden Informationen zu einigen der angekündigten Musikgruppen geboten. Beim diesjährigen „Northern Lights Festival“ sollen neben „unpolitischen“ Gruppen einige rechte (darunter auch eine neonazistische) Musikgruppen auftreten:

Saltus“: Diese ultra-nationalistische Band bewegte sich jahrelang im Dunstkreis der polnischen NS-Black Metal-Szene. Schon vor zehn Jahren (2001) veröffentlichten „Saltus“ unter dem Titel „Hail Pagan Europe“einen gemeinsamen Tonträger mit den Bands „Gontyna Kry“, „Selbstmord“, „Ohtar“ und „Kataxu“ (3). Jede einzelne der genannten Bands ist dem neonazistischen Spektrum der Black Metal-Szene zuzurechnen (4).

Ein weiterer Tonträger der Band „Ohtar“ – „verziert“ mit Hakenkreuz und SS-Runen (5). „Saltus“ machten mit dieser Band gemeinsame Sache.

Derartige gemeinsame Tonträger dienen in der Szene u.a. dazu, die Verbundenheit zueinander zum Ausdruck zu bringen. 2002 folgte eine weitere CD von „Saltus“ mit der NS-Black Metal-Band „Legacy of blood“, diese beteiligte sich an der Veröffentlichung mit dem Lied „Flame of Aryan Hate“ (übersetzt: „Flamme des Arischen Hasses“) (6). Mehrere ehemalige Mitglieder der Band, etwa der Mitbegründer „Wojnar“ (der die Band nach wie vor unterstützt), waren auch in diversen neonazistischen Bandprojekten wie etwa „Sunwheel“ und „Swastyka“ aktiv (7). Im Frühjahr 2010 waren „Saltus“ gemeinsam mit der ebenfalls rechtslastigen Band „North“ für ein Konzert (8) in der „Erlebnisscheune“ im thüringischen Kirchheim angekündigt, Veranstalter war Hendrik Möbus (ehemaliger Schlagzeuger der Neonazi-Band „Absurd“ und brauner Versandhändler). Das Konzert wurde jedoch abgesagt (9). Bei der „Erlebnisscheune“ handelt es sich um einen Treffpunkt der lokalen Neonazi-Szene (10).

Screenshot von der „Myspace“-Seite von „Saltus“: „Saltus“-Bassist und Band-Mitbegründer „Bithorn“ mit einem T-Shirt seiner Band (11). Der Band-Schriftzug ist mit einem achtarmigen Hakenkreuz hinterlegt. „Bithorn“ freilich streitet jegliche Sympathien für den Nationalsozialismus ab (12).

Der Rücken-Aufdruck des „Saltus“-T-Shirts erinnert an ein weiteres beliebtes Symbol der braunen Szene: Die weiße Faust:

Zum Vergleich: „White Power“-Symbol – ein international von Neonazis und RassistInnen verwendetes Symbol (13):


Dies Ater“: Auch diese Band muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit der rechten Szene zu liebäugeln: In einem Interview, das sie der neonazistischen Zeitschrift „Blutvergießen“ gaben, drohten Mitglieder der Band, dass „Abschaum“ wie „Techno-Affen und kriminelles Pack zur Not geräumt wird, wenn sie meinen, frech zu werden.“ Das Interview beendete die Band mit dem Gruß: „Heil an unsere Freunde aus dem Reich.“ In einem CD-Beiheft grüßte die Band das Neonazi-Label „Darker Than Black Records“ und auch die NS-Black-Metal-Band „Totenburg“. Darüber hinaus wird in einem Black-Metal-Magazin berichtet, wie „Dies Ater“ eine Coverversion des Songs “Jew Clan” der rechten Band „Vilkates“ mit antisemitischen Äußerungen ankündigten (14). Zwei Mitglieder von „Dies Ater“ spielen zusammen mit Sven Zimper, Mitglied der bekannten deutschen Neonazi-Band „Absurd“, in der Band „Cryogenic“ (15).

Djur“: Mitglieder dieser Band spielen auch in den neonazistischen Bands „Oskal“ und „Velimor“ (16). „Oskal“ veröffentlichten zB einen Tonträger, auf dem sich ein Lied mit dem Titel „Marsch des totalen Krieges“ befindet (17). „Velimor“ beteiligten sich mit dem Lied „Rudolf Hess“ an einem Tonträger, der zu Ehren von Mariusz Szczerski, dem verstorbenen Sänger der Neonazi-Band „Honor“, im Jahr 2009 veröffentlicht wurde (18). Der Sänger und Gitarrist von „Djur“ unterstützt auch die neonazistische Gruppe „Temnozor“ bei Live-Auftritten (19). Letztere meinte 2004 über ihre Musik: „Temnozor’ (…) was born back in 1996 (…) to revoke the Flame of the Aryan Heathen Spirit in the Hearts of the Young (…)“ (20).

Kroda“: Als einer der Headliner in diesem Jahr ist die ukrainische Band „Kroda“ angekündigt. Diese neonazistische Musikgruppe sollte eigentlich bereits im Jahr 2009 beim „Northern Lights Festival“ auftreten, aufgrund eines offenbar von AntifaschistInnen erfolgten Angriffs auf die Band im Zuge eines Konzertauftritts in Polen konnte diese jedoch ihre Konzerttour nach Österreich nicht fortsetzen. Das international aktive NS-Black-Metal-Netzwerk „Pagan Front“ hatte daraufhin in einer Aussendung zu Vergeltungsmaßnahmen aufgerufen: „Der Pagan Hammer des Untergrunds wird schlagen, wird zerschmettern, jene die es wagen, die Heidnische Metal Miliz herauszufordern! Für Blut, Boden und die Götter!“ (21) In einem Interview werden „Kroda“ auf die „Pagan Front“ angesprochen, ein Bandmitglied antwortet: „Die Pagan Front – Hammer des NS-Untergrunds des Arischen Heidenblutes“ (…) (22). „Kroda“ selbst beschreiben ihre Musik als „Ertönen schrecklicher Schlachtrufe von arischen Kriegern (…) und das wütende Gebrüll von arischer archetypischer wölfischer Natur“ (23). Frontmann „Eisenslav“ meinte in einem Interview über die angebliche „jüdische Weltverschwörung“: Es scheint dass nur die die zuviel TV sehen, es nicht sehen können. Es ist selbst für einen Blinden offensichtlich!“. Zum Ende des Interviews grüßt er mit „Arische Grüße! Wotan über alles!“ (24). „Kroda“ treten regelmäßig bei Neonazikonzerten auf. Im April 2008 sollte die Band gemeinsam mit den NSBM-Gruppen „Absurd“, „Temnozor“ und „Sekhmet“ in Brno (Tschechien) auftreten, das Konzert wurde jedoch abgesagt. Im September 2008 trat die Band gemeinsam mit ebenfalls neonazistischen Bands „Sunwheel“, „Kataxu“ und anderen in Prag auf. Zwei Monate später nahm man am NS-Festival „Kolovorot“ in der Ukraine teil. Im Frühjahr 2009 waren „Kroda“ gemeinsam mit „Temnozor“ in Finnland auf Konzert-Tour. Einen Tag, bevor „Kroda“ im Jahr 2009 in Reichenthal spielen sollte, hätte im sächsischen Annaberg-Buchholz ein gemeinsames Konzert mit mehreren anderen Neonazi-Bands stattfinden sollen (25).

Trotz alledem verstehen „Kroda“ nicht, warum sie als Neonazi-Band gesehen werden. In einem auf der „Northern Lights Festival“-Homepage veröffentlichten Statement heißt es etwa: „Wenn diese Schwachköpfe [gemeint sind AntifaschistInnen, Anm.] wirklich denken das wissenschaftliche Begriffe wie ‚Arier‘ und ‚Rasse‘ automatisch mit ‚Faschismus‘ zusammenhängen, und tradtionelle, europäische Symbole wie die Runen und die Swastika vom ‚Nazismus‘ abstammen, dann braucht mit ihnen über die Themengebiete des Black- und Pagan Metal ohnehin nicht diskutiert werden! [Fehler im Original]“(26).

Auch auf der Online-Seite des rechtslastigen Szene-Blatts „A-blaze“, das als Sponsor des „Northern Lights Festivals“ auftritt, freut man sich über den angekündigten Auftritt der Band: „Besonders erfreulich ist der Auftritt von KRODA. Sie sollten bereits 2009 als Überraschungsband auftreten. Allerdings wurde die Band kurz zuvor auf einem Konzert in Warschau/Polen von vermutlich linksextremistischen Gewalttätern angegriffen, so dass die Musiker den Auftritt in Österreich leider absagen mußten.“ (27)

Baptism“: Der Frontmann der ebenfalls als Headliner in Reichenthal auftretenden Band (bzw. des Soloprojekts) „Baptism“, „Lord Sargofagian“, wirkt auch als Schlagzeuger der NS-Black Metal-Band „Satanic Warmaster“, weiters ist er auch bei der rechten Gruppe „Horna“ und bei den neonazistischen Black Metal-Projekten „Trotzreich“ und „Ymir“ aktiv (28). „Trotzreich“ verwenden in ihrem Band-Logo u.a. ein Hakenkreuz und SS-Runen (29). Der Bandkollege von „Lord Sargofagian“ bei „Trotzreich“ trägt das Hakenkreuz auch als Tätowierung am Oberarm (siehe im Folgenden).

Bandlogo von „Trotzreich“

Lord Sargofagian“ und „Trotzreich“-Bandkollege „Kadotus“

In Einträgen im Internet-Forum des „Northern Lights Festivals“ wird über die deutsche Band „Moredhel“, die schon im letzten Jahr beim Festival auftrat und auch heuer wieder mit dabei sein soll, berichtet: Demnach habe diese bei dem Konzert im Jahr 2010 Coverversionen von Liedern der NSBM-Bands „Satanic Warmaster“ und „Absurd“ gespielt (30). So heißt es in dem Lied „Werwolf“ der Band „Absurd“, das von „Moredhel“ nachgespielt worden sei: „Ich stille meine Gier mit Menschenfleisch, mit Zyklon B, mit Gift und Blut! Willst du mich, so komm‘ in mein Reich, deine Eingeweide schmecken sicher gut!“

In dem Lied von „Satanic Warmaster“ mit dem Titel „Carelian Satanist Madness“, das nachgespielt worden sei, heißt es u.a.: „(…) Singing Sieg Heil – psalms to scourge jewish god To make his children rot and hurt (…)“.

Die offenbar fehlende Bereitschaft, sich vom braunen Rand der Szene abzugrenzen, oder aber das mangelnde Problembewusstsein in dieser Hinsicht ist nicht nur den VeranstalterInnen des „Northern Lights Festivals“ zu attestieren. Auch einer der Sponsoren des Konzerts, das Linzer Metal Label „CCP Records“, das auch einen Internetversand betreibt, hat neben CDs von „unpolitischen“ auch solche von neonazistischen Bands – aktuell von „Capricornus“, „Grom“, „Ad Hominem“ oder „Bilskirnir“ – im Verkaufsprogramm.

Quellennachweis:

1) Vgl. Oberösterreichische Nachrichten, 28. Mai 2009, http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/muehlviertel/art69,181221; Bezirksrundschau, 2. Juli 2009

2) Vgl. Bezirksrundschau, 2. Juli 2009

3) Vgl. http://www.metal-archives.com/albums/Saltus/Hail_Pagan_Europe/231102

4) So will die Band „Gontyna Kry“ ihren ZuhörerInnen mit ihrer Musik vermitteln, „alles, das arisch ist“, zu unterstützen, diese „Werte“ seien das wichtigste für die Band; vgl. Interview mit „Gontyna Kry“, hXXp://www.mourningtheancient.com/gontyna.htm; Die Band „Selbstmord“ veröffentlichte etwa 2010 einen Tonträger mit dem Titel „Aryan Voice of Hatred“ (übersetzt: „Arische Stimme des Hasses“), vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Selbstmord/7340; Die Gruppe „Ohtar“ veröffentlichte etwa im Jahr 2000 einen Tonträger, dessen CD-Cover mit einem Hakenkreuz versehen ist, vgl. http://www.metal-archives.com/albums/Ohtar/Wolfschanze/15881

5) Vgl. hXXp://www.nsbm.org/bands/ohtar/

6) Vgl. http://www.metal-archives.com/albums/Saltus/Symbols_of_Forefathers_-_In_Blacksmith_of_Hate/34811

7) Vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Saltus/2235.

8 ) Vgl. http://agst.afaction.us/index.php?menu=news&aid=372.

9) Vgl. http://fightfascism.wordpress.com/2010/03/14/misserfolgs-serie-fur-hendrik-mobus/.

10) So findet dieser auch auf der Homepage des thüringischen Verfassungsschutzes mehrmals Erwähnung, vgl. http://www.thueringen.de/de/verfassungsschutz/praevention_oeffentlichkeitsarbeit/monatschronik/

11) Quelle für die Abbildung: http://www.myspace.com/officialsaltus.

12) Vgl. hXXp://pestwebzine.ucoz.com/news/new_interview_saltus/2011-01-31-412

13) Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/White_Power

14) Vgl. http://www.turnitdown.de/526.html

15) Vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Cryogenic/11045

16) Vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Djur/3540308453

17) Vgl. http://www.metal-archives.com/albums/Oskal/Stahlkrieg/110328

18) Vgl. hXXp://forum.thiazi.net/showthread.php?p=1619086, hXXp://forum.thiazi.net/showthread.php?t=159129.

19) Vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Djur/3540308453

20) Vgl. Interview mit dem „Resistance Magazine“, 2004

21) Vgl. http://fightfascism.wordpress.com/2009/06/26/ns-blackmetal-band-kroda-konflikte-mit-polnischer-antifa/

22) Vgl. hXXp://www.mortemzine.net/show.php?id=256

23) Vgl. hXXp://www.stellarwinter.org/kroda.html

24) Vgl. hXXp://www.mortemzine.net/show.php?id=256

25) Vgl. http://fightfascism.wordpress.com/2009/06/23/neonazi-band-bei-northern-lights-festival

26) Vgl. hXXp://www.northern-lights-festival.com/Statement_Kroda

27) Vgl. hXXp://ablaze-magazin.de/___ablaze/index.php?mact=News,cntnt01,detail,0&cntnt01articleid=139&cntnt01returnid=15

28) Vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Baptism/4571

29) Vgl. http://www.metal-archives.com/bands/Trotzreich/22170

30) hXXp://www.northern-lights-festival.com/board/viewtopic.php?f=8&t=82&start=10; hXXp://www.northern-lights-festival.com/board/viewtopic.php?f=8&t=82&start=30; Selbiges wird auch mit den Kommentaren auf folgenden Internet-Seiten bestätigt: http://www.lastfm.de/music/Moredhel („… Carelian Satanist Madness und Werwolf waren eine gute Sache“); hXXp://christhuntproductions.com/phpBB2/viewtopic.php?t=23232&start=0 („mal sehen ob s[i]e wieder Absurd und Satanic Warmaster zum besten geben“).

Verleumdungsversuch von Rechtsextremen gegen Antifaschisten gescheitert

Am 16. Oktober 2010 fand im Gasthof Lauber in Offenhausen ein Treffen der neonazistischen Partei „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ statt. Auch ich fand mich an diesem Tag vor Ort ein, um das braune Treiben fotografisch zu dokumentieren. Nachdem sich vor Ort keinerlei Polizeibeamte befanden und Offenhausen zu einer Art „nationalbefreiten Zone“ mutiert war, fühlten sich die Teilnehmer der Veranstaltung offenbar besonders sicher und traten auch gegenüber mir äußerst aggressiv auf. So wurde mehrmals versucht, mich an der Weiterfahrt mit meinem Auto zu hindern. Diese Versuche gipfelten darin, dass sich ein 16jähriger Teilnehmer der Veranstaltung auf die Motorhaube meines Fahrzeugs, dessen Motor zu diesem Zeitpunkt abgestellt war, fallen ließ, um so einen Verkehrsunfall zu simulieren und mich kriminalisieren zu können. Zwei umstehende „Kameraden“ und eine „Kameradin“ traten als „ZeugInnen“ des „Unfalls“ auf. Der 16jährige behauptete, ich habe ihm eine Verletzung im Genitalbereich zugefügt und zeigte mich wegen Körperverletzung und Imstichlassen eines Verletzten bei der Polizei in Gunskirchen an.
Drei Tage nach dem Vorfall tischte auch die bekannte Neonazi-Homepage „Alpen-Donau.info“ unter dem Titel „Markus Rachbauer gibt Gas“ die Lügengeschichte auf und nannte meine vermeintliche Wohnadresse, die aber „nur für Post vom Anwalt“ verwendet werden solle.
Als Reaktion auf das gegen mich eingeleitete Strafverfahren beantragte ich die Einsetzung eines Unfallsachverständigen. Dieser hegt in seinem Gutachten Zweifel an der Darstellung des vermeintlichen „Unfallopfers“, da etwa die angeblichen Verletzungen nicht mit dessen Schilderung des Unfallhergangs zusammen passten. Die Staatsanwaltschaft Wels stellte daraufhin das Strafverfahren gegen mich am 4. April 2011 ein. Diese Geschichte zeigt auf, dass Rechtsextreme mittlerweile nicht einmal mehr davor zurückschrecken, Straftaten zu inszenieren, um unliebsame KritikerInnen zu verleumden und zu kriminalisieren.

Markus Rachbauer

Rechtsextreme Bands

Landser„: „Landser“ gehört zu den bekanntesten Neonazi-Bands, nicht nur im deutschsprachigen Raum. Sie wurde 1992 unter dem Namen „Endlösung“ von Mitgliedern der ostdeutschen Neonazi-Rocker-Gruppierung „Die Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft“ gegründet. „Landser“ traten in ihren Liedtexten offen rassistisch und neonazistisch auf und agierten deshalb streng konspirativ, um Probleme mit Behörden zu vermeiden. Im Jahr 2003 wurden Mitglieder der Band wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung und Verbreitung von rechtsextremer Propaganda angeklagt. Zwei Bandmitglieder erhielten Bewährungsstrafen, der Sänger und Kopf der Band, Michael Regener, wurde zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. „Landser“ lösten sich auf, da Regener im Prozess von seinen Bandkollegen belastet worden war. Regener trat 2005 seine Haftstrafe an, im Februar 2008 wurde er entlassen. Unter dem Band-Namen „Die Lunikoff Verschwörung“ ist er gemeinsam mit anderen Neonazis weiterhin einschlägig aktiv.

Skrewdriver„: Die Band wurde 1977 in Großbritannien als Punkband gegründet. Die ursprüngliche Zusammensetzung löste sich Ende der 1970er Jahre auf, der Sänger und Gitarrist Ian Stuart Donaldson wurde bei der rechtsextremen „National Front“ („British National Party“) aktiv und engagierte sich ab 1982 im Sinne des „Rock against Communism“ (R.A.C.) – unter diesem Motto versuchten Rechtsrock-Bands bzw. die „National Front“ ab 1977, Skinheads und Fußballfans für neonazistisches Gedankengut zu gewinnen. Mitte der 1980er Jahre brach Donaldson mit der „National Front“ und beteiligte sich maßgeblich an der Gründung des neonazistischen Musik-Netzwerkes „Blood and Honour“, das sich schon durch den Namen offen auf den Nationalsozialismus bezog. Heute existieren in zahlreichen europäischen Ländern, aber auch in Australien und den USA „Blood and Honour“-Gruppierungen.

Nachdem Ian Stuart Donaldson im September 1993 bei einem Autounfall tödlich verunglückte, wurde er zu einer Ikone der weltweit aktiven Neonazi-Szene, die Band „Skrewdriver“ wurde aufgelöst. Heute finden alljährlich weltweit sogenannte „Ian Stuart Donaldson Memorial“-Konzerte statt, bei denen Donaldson gehuldigt werden soll. Die Wiener Band „Service Crew Vienna“ trat etwa am 04. Oktober 2008 bei einem „ISD Memorical Concert“ in Slowenien gemeinsam mit den einschlägigen Bands „Feldherren“ (Deutschland) und „Vér Kötelez“ (Ungarn) auf.

Zillertaler Türkenjäger„: Das neonazistische Musikprojekt „Zillertaler Türkenjäger“ wurde Mitte der 1990er Jahre gegründet. Die Besonderheit dieser Gruppe ist, dass sie die Melodien bekannter deutscher Schlagerhits (z. B. „Kreuzberger Nächte“) übernahm und mit antisemitischen, immigrationsfeindlichen und neonazistischen Liedtexten versah. Während seit 1997 lange Zeit nur eine Veröffentlichung („12 doitsche Stimmungshits“) der Gruppe existierte, erschien 2009 unter dem Namen „Die Lustigen Zillertaler“ ein weiteres Album („Wir lassen uns das Singen nicht verbieten“). Bis heute konnten die Bandmitglieder nicht identifiziert und demnach auch nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Rechtsextreme Codes/Kürzel

14/88„: Bei Neonazis beliebte Kombination der „14 Words“ und des Codes „88“.

88„: Steht für zwei mal den achten Buchstaben des Alphabets, Abkürzung für „Heil Hitler“.

14 Words„:  Gemeint sind die 14 Wörter eines Spruchs des US-amerikanischen Rassisten und Neonazi-Terroristen David Eden Lane: „We must secure the existence of our people and a future for white children.“

B & H„: Abkürzung für den Namen des Neonazi-(Musik-)Netzwerkes „Blood and Honour“

WPWW„: Abkürzung für „White Pride World Wide“ (Weißer Stolz – weltweit) – rassistischer Ausspruch, Ausschluss von Menschen aufgrund ihrer „nicht-weißen“ Hautfarbe.

ZOG„: Abkürzung für „Zionist Occupied Government“ bzw. „Zionist Occupation Government“: In antisemitisch-weltverschwörerischer Manier wird hier von zionistisch/jüdisch beherrschten staatlichen Regierungen ausgegangen.

BRAUNTÖNE: Interesse an Vortrag?

Rechtsextremismus ist zur größten Jugendbewegung geworden – auch und gerade in Österreich. „Nazi sein“ ist in und längst beschränken sich faschistische Ideen und Sprüche nicht mehr auf Unterschicht-Millieus. „Primär ist es die Musik die den Weg in die rechtsextreme Szene ebnet“ hat der Verfassungsschutz (VS-Bericht 2007) richtig erkannt – freilich ohne bis dato irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen. So konnten und können braune Bands und Barden in den vergangenen Jahren in Österreich meist ohne Probleme auftreten.

Markus Rachbauer und Thomas Rammerstorfer laden ein zu einer Geisterbahnfahrt in die musikalischen Abgründe der braunen Rattenfänger, deren Repertoire sich längst vom Skinhead-Rock in fast jede denkbare Musikrichtung erweitert hat – vom Nazi-Metal, Hate Core, Dark Wave bis hin zu Techno, Hip Hop und Schlager-/Schunkellieder.

Der Vortrag „Brauntöne“ lief mittlerweile in Österreich und Deutschland 33 mal vor insgesamt über 1400 ZuhörerInnen. Veranstalter waren Jugendzentren, antifaschistische Gruppen, Schulen, Kulturvereine und die Pädagogische Hochschule von Linz (als Fortbildung für LehrerInnen).

Links zu unsrem Vortrag:

Planet OÖ: http://www.ooeplanet.at/suche/ergebnis/artikel/jung-und-rechts-mit-musik-provozieren/musik/?no_cache=1&tx_ttnews%5BbackPid%5D=450&cHash=3c0e80484b

vero online: http://www.vero-online.info/page.php?id=1446

Der Standard: http://derstandard.at/1244460865593/Neonazi-Szene-Rechtsrock-als-Einstiegsdroge

Freies Radio Salzkammergut: http://cba.fro.at/show.php?lang=de&eintrag_id=14126

Volksstimme: http://kvinfoladenwels.wordpress.com/2009/10/13/des-deutschen-spiesers-wunderhorn-nazimusik-ist-massentauglich/

Termin und Honorar nach Vereinbarung

markus.rachbauer@gmx.at

thomas.rammerstorfer@gmx.at

oder via facebook

BRAUNTÖNE – Made in Austria

aus Yeni Hayat, Deutsch-Türkische Zeitung, Juni/Juli 2010 – leicht aktualisiert

Rechtsextreme Musik in und aus Österreich

Seit 2 Jahren referiere ich nun gemeinsam mit Markus Rachbauer über rechtsextreme Jugendkulturen und ihre Musik. Viele unserer über 30 Vorträge zum Thema wurden auch von interessierten LehrerInnen besucht. An die 20 mal wurden wir dann angefragt, ob wir Zeit und Interesse hätten den Vortrag auch an den jeweiligen Schulen der PädagogInnen abzuhalten. Wir wollten immer; trotzdem kam das bis dato genau ein einziges mal wirkich zustande . Fast alle anderen von engagierten Lehrkräften angedachten Vorträge scheiterten am Veto der DirektorInnen bzw. SchulinspektorInnen. Das Problem sei schon zu groß, sickerte öfters mal durch – und wenn ein Problem groß wird, dann leugnet man es am besten, sagt die österreichische Mentalität.

Die KonsumentInnen

Im Stammbuch meiner Nichte beantwortet ihr Schulfreund mit „kroatischem Migrationshintergrund“ die Frage nach seiner Lieblingsmusik schlicht mit: Thompson. Thompsons Rockmusik strotzt vor faschistischer, antisemitischer und nationalistischer Propaganda. Sein kleiner Fan ist 7 Jahre alt. Meist beginnen sich Kinder ab diesem Alter für Musik jenseits typischer Kinderlieder zu interessieren. Wirklich wichtig wird sie ab der Pubertät; in allerster Linie entscheidet die Musik ob und welcher Jugendkultur man sich anschliesst, sie ist identitätsstiftend auch im Hinblick auf die sich konstituierende politische Meinung. Diese ändert sich im Erwachsenenalter nicht mehr gravierend, wird jedoch meist weniger radikal geäußert. Musik ist die liebste und häufigste Freizeitbeschäftigung von Jugendlichen, das ist das Ergebnis aller diesbezüglichen Umfragen der letzten Jahrzehnte. Und gerade auf diesem so wichtigen Feld haben die Neonazis in den letzten jahren ihre grössten Erfolge gefeiert. Rechtsextreme Musiker haben viele Kinderzimmern erobert. Bands wie Landser, die Zillertaler Türkenjäger oder Stahlgewitter gehören zum mainstream. Wer es exklusiver mag hört neonazistischen Techno, Hardcore oder Black Metal. Man hört die Musik wohl kaum wegen ihrer Qualität, man hört sie nicht trotz sondern wegen ihrer rassistischen, gewaltverherrlichenden und antisemitischen Botschaften. Junge Menschen, die oft auf sonst nichts stolz sein können und sich selbst als Versager wahrnehmen, können mit dem Stolz auf eine angebliche Rasse Selbstwertgefühl erlangen. Ihre Wut auf sich selbst, über eingebildete oder auch reale Ungerechtigkeiten findet ein Ziel. Dazu kann man provozieren, Aufmerksamkeit erregen, sich als Revolutionär fühlen – und das ohne irgendeine Handlung zu setzen, allein durch das Konsumieren mutmaßlich „verbotener“ Musik, und ohne tatsächliches Aufbegehren, da der Rechtsextremismus ja in Wahrheit nichts revolutionäres, sondern auf die Spitze getriebenes Spießbürgertum darstellt.

Die SpielerInnen

Wie in anderen Bereichen der Popkultur sind die ÖsterreicherInnen bei der rechtsextremen Musik zwar intensive KonsumentInnen, Versuche selbst zu musizieren kommen jedoch nur selten über die Probierphase hinaus. Bei den meisten Möchte-gern-Rechtsrockern endet die „Karriere“ einige Wochen nach der Anschaffung der Instrumente. Oisterreicher und Arbeiterfront nannten sich die ersten rechten österreichischen Skinheadkapellen aus den 80er-Jahren, die schnell wieder von der Bildfläche verschwanden. Erst der Wiener Band Schlachthaus war längerer Erfolg beschieden, sie erschien bei einem bekannten deutschen Rechtsrock-Label und verkaufte in den 90ern über 10 000 Tonträger. Neben Wien bildete Vorarlberg das zweite kleine Zentrum österreichischer Nazi-Musiker, erwähnenswert sind hier vor allem die Bands Stoneheads und Tollshock, die aus dem neonazistischen Blood and Honour-Netzwerk stammten. Vorarlberg war auch, gemeinsam mit Oberösterreich, das Bundesland mit den meisten und größten Nazi-Konzerten. Bis zu 1500 ZuhörerInnen bejubelten internationale Stars und regionale Sternchen der Szene. Die Anzahl der Konzerte im Bundesgebiet ist mit etwa 5 – 10 im Jahr seit Mitte der 90er in etwa gleichbleibend. Trotz sprunghaft vergrösserter Fanszene und ohne behördliche Repressalien fürchten zu müssen, sind die Österreicher anscheinend auch als VeranstalterInnen ziemlich unfähig. Man fährt lieber auf die grossen Events ins Ausland, wobei hier die osteuropäischen Länder als Ziele zunehmend Deutschland den Rang ablaufen. In Slowenien fand auch das im Jänner das vorläufig letzte Konzert der Wiener Service Crew Vienna (Skinhead-Sound) und Donner des Nordens (Nazi-Metal) statt. Kurz zuvor hatte der rechtsextreme Innviertler Liedermacher Bernhard einen Auftritt in Bayern, wo er auch schon die Wahlkämpfe der neonazistischen NPD musikalisch begleitete. Bernhard ist seit über 10 Jahren aktiv, wobei diverse Knastaufenthalte seine Karriere hemmten. Im August ´09 trat er gemeinsam mit der Wiener Liedermacherin Isi in Kroatien bei der dortigen Blood and Honour-Sektion auf. Neben den österreichischen Skin-Kapellen und LiedermacherInnen existieren noch ein halbes Dutzend rechtsextremer Metalbands. Die jüngste CD erschien soeben, „Für`s (sic!) Vaterland“ einer Tiroler Sängerin namens Finnja. Trotz Allem: Insgesamt betrachtet steht die weite Verbreitung rechtsextremer Musik in Österreich im starken Gegensatz zur Bedeutungslosigkeit heimischer MusikerInnen, was wohl durch eine (nicht nur bei Rechten…) weit verbreitete passiv-konsumierende Haltung bedingt ist.

Thomas Rammerstorfer ist Mitarbeiter beim Infoladen Wels (www.infoladen-wels.at) und der Liga für emanzipatorische Entwickungszusammenarbeit (www.leeza.at), er referiert zu Rechtsextremismus (www.brauntoene.at)

Des deutschen Spießers Wunderhorn: Nazimusik ist massentauglich

Von Thomas Rammerstorfer

Rockmusik, was war das in den 60ern und 70ern? Es war Drogenmusik, Satansmusik, Negermusik, ein Zeichen der amerikanischen Unkultur, der Soundtrack für Anarchie, Rebellion und Sex, vielleicht sogar gleichgeschlechtlichem Sex: kurzum gesagt, Rockmusik stand den Werten der politischen Rechten, Keuschheit, Spiesbürgertum, Autoritätshörigkeit, Intoleranz und Nationalismus nachgerade diametral entgegen. Freilich war Rockmusik ebenso wenig per se links: Sexismus ist ein Dauerproblem in einer unendlichen Reihe von Songs, auch gab es schon früher den einen oder anderen „politisch rechten“ Ausritt: Etwa in den patriotischen, gegen „Nestbeschmutzer“ wie Neil Young gerichteten Südstaatenhymnen von Lynyrd Skynyrd (v. a. „Sweet Home Alabama“) oder als Steppenwolf in „The Pusher“ die Todestrafe für bzw. den „total war“ gegen Heroindealer forderten. Freilich verfügten aber weder Lynyrd Skynyrd noch Steppenwolf über ein geschlossenes rechtes oder gar faschistisches Weltbild. Erste Versuche in den 70ern, Nazi-Ideologie via Rockmusik zu transportieren, etwa der deutschen Band Ragnaröck, scheiterten an absoluter Erfolglosigkeit. Die Altnazi-Szene stand diesen Experimenten ebenso ablehnend gegenüber wie die deutsche Jugend, die zu dieser Zeit noch lieber Ton Steine Scherben und dergleichen hörte.

England in den 80ern

Rock und Rechts, quasi Rebellion und Spießbürgertum, zusammenzukriegen – dies sollte erst der englischen Skinheadbewegung der 80er gelingen. Die Ende der 60er-Jahre entstandene und ab Mitte der 70er im Zuge der Punkbewegung wieder erstarkte Skinheadszene erwies sich als ausgesprochen anfällig für rassistische, nationalistische, gewaltverherrlichende und schwulenfeindliche Töne.

Verständlich wird dies im Hintergrund der britischen Geschichte jener Jahre: Die arbeitenden Jugendlichen fühlte sich von den Gewerkschaften und der Labour Party verraten: Thatcher, 1979 an die Macht gekommen, trieb die Verarmung der working class durch Kürzung von Sozialleistungen, Schwächung der Gewerkschaften und Privatisierungen voran. Der Falklandkrieg sorgte für eine zusätzliche nationalistische Mobilisierung, die sich gegen Argentinien ebenso wie gegen vermeintliche innere Feinde richtete: gegen MigrantInnen. Die Ideologie der Skins führte Nationalismus mit einem absurd verzerrten „Klassenbewusstsein“ zusammen: In einer Zeit, in der der soziale Aufstieg durch die gesellschaftlichen Gegebenheiten schlicht nicht mehr möglich war, wurde das eigene Elend, die eigene Schwäche hingenommen und durch einen übertriebenen „Proletkult“ in Kleidung und Auftreten gar idealisiert. Der eigene soziale Stillstand bzw. Abstieg wurde mit dem angeblichen Schicksal ganz Grossbritanniens symbolisiert: „Once we had an Empire, and now we’ve got a slum“[1]

Wie so oft profitierte die politische Rechte von jenen katastrophalen Zuständen die sie selbst schuf: Viele Arbeiterjugendliche tendierten zu rechtsextremen Gruppierungen, bald tauchten auch Bands mit nationalistischen Songs auf: Federführend waren hier die ehemalige Punk-Band „Skrewdriver“ um Ian Stuart Donaldson.

Stuart, zuerst im Umfeld „gemäßigter“ rechtsextremer Gruppen, radikalisierte sich mehr und mehr, um schließlich 1987 gemeinsam mit seinem Mitstreiter Nicky Crane seine eigene Neonaziorganisation zu gründen: Blood and Honour. Blood and Honour bildete ein Netzwerk neonazistischer Bands, Labels, Vertriebe und Konzertveranstalter und wurde bald eine einflussreiche Organisation mit zahlreichen Ablegern in anderen Staaten, derzeit sind offizielle „Blood and Honour“-Gruppen wohl in etwa 25 Staaten aktiv. Zwischendurch musste die Bewegung aber auch einige Rückschläge einstecken: Ian Stuart kam 1993 bei einem Autounfall ums Leben, Nicky Crane starb bereits kurz vorher an AIDS – durch sein Outing als Homosexueller hatte sich die Szene aber zu diesem Zeitpunkt bereits von ihm distanziert.

Die Nachfolgestreitereien um das lukrative Rechtsrockgeschäft wurden innerhalb von Blood and Honour mitunter mit Schiessereien und Briefbomben ausgetragen, was schließlich auch zu Verhaftungen führte. Der bewaffnete Arm von Blood and Honour, Combat 18 (C18), machte indessen mit Bombenattentaten auf politische GegnerInnen (durchaus auch in den eigenen Reihen), Homosexuelle und MigrantInnen von sich hören. Zeitweise kam es zu Kooperationen mit loyalistischen Konterguerillas, die in Nordirland die IRA bekämpften. Bis heute unklar ist die Rolle des britischen Geheimdienstes MI5, der C18 bis an die Spitze der Organisation durch unterwandert hatte und wohl auch für „eigene“ Zwecke gebrauchte. Splittergruppen von C18 sind bis heute aktiv, gerne wird C18 auch in Songs von Rechtsrockern verherrlicht, z. B. von der britischen Band No Remorse: „C18 you’re just a killing machine, Sturmabteilung fighting team. Fighting for the Führer’s dream”[2], ebenso erfreut sich der Schriftzug auf T-Shirts auch österreichischer Neonazis großer Beliebtheit.

Ähnlich wie Blood and Honour, allerdings elitärer organisiert ist die Hammerskin Nation, 1986 in den USA gegründet. Auch den Hammerskins geht es vor allem um die Verbreitung neonazistischer Propaganda mit Musik – und auch ums Geld, versteht sich.

Blood and Honour und die Hammerskins stellten auch den Willen der Nazi-Skinheads, eigene Strukturen aufzubauen, erfolgreich unter beweis. Die Skins wollten nicht nur als Saalschützer und Parteisoldaten „gemäßigter“ bürgerlicher Parteien fungieren, sondern ihr nationalsozialistisches Weltbild kompromisslos verbreiten.

Deutschland in den 90ern

In Deutschland und Österreich hatte sich in den 80ern eine rechtsextreme Skinszene entwickelt, allerdings mit mäßigen politischen Anspruch. Primär galt das Interesse auch dieser rechten Skins nämlich dem Alkohol und dem Fußball die ersten Skins waren in Österreich schon Ende der 70er in der Rapid-Fanszene aufgetaucht. Während musikalisch in unseren Breiten mit den „Oisterreichern“ eine erste Skinband gegründet wurde und schnell wieder verschwand, war den deutschen Rechtsrockheroen der ersten Stunde dauerhafter Erfolg beschieden: Die Boehsen Onkelz hatten stets das richtige Gespür für den Zeitgeist, begannen als Punkband, sprangen auf den Skinheadzug auf und rechtzeitig wieder ab – um Metaller zu werden, als der Metal Ende der 80er massentauglich wurde.

Trotz dieses recht offensichtlichem finanziell motivierten jugendkulturellen Zeitgeistsurfens gelang es den Onkelz immer, sich ihren Fans als missverstandene, verfolgte Verfemte zu präsentieren, selbst als sie bereits Millionen Euro umsetzten. Die Bedeutung der Onkelz für die Entwicklung der rechten Szene liegt weniger in ihren ursprünglichen, rechtsextremen Liedern wie „Türken raus“, sondern bis zum heutigen Tag darin, das sie symbolisch für das Zusammengehen von Teilen der Metalszene mit der rechtsextremen Szene stehen. Metaller und Skins, ursprünglich sowas wie natürliche Gegner, trafen sich nun bei Konzerten der Onkelz und feierten gemeinsam. Dass auch die meisten Nazi-Skinhead-Bands mittlerweile rotzigen OI-Akkorden abgeschworen hatten und Metal spielten erleichterte diese Annäherung.

Die wichtigste und einflussreichste Neonaziband der neuen Generation sind zweifellos Landser. Dem konspirativen Projekt von eher der Rockerszene nahe stehenden Neonazis war lang anhaltender Erfolg beschieden, an dem auch die Enttarnung und zeitweise Inhaftierung ihrer Mitglieder sowie deren Verurteilung als „kriminelle Vereinigung“ nichts änderte. Musikalisch abwechslungsreich und vergleichsweise originell in den Texten haben „Landser“ einen enormen Bekanntheitsgrad erreicht.

Ideologisch lieferte die White Power-Idee neuen Rück- und internationalen Zusammenhalt: Wohl nicht zuletzt den Umstand geschuldet, das man mehr Geld machen konnte, sahen englische Faschisten plötzlich Deutsche, Italiener und gar Franzosen als Brüder, Kameraden – und natürlich als Kunden: Hauptsache weiß, hieß die neue Devise. Blood and Honour und die Hammerskins waren hier einer Meinung. Die White Power-Ideologie verbreite sich analog zur Geschäftstüchtigkeit der Nazi-Skin-Führer.

Wichtigster Hoffnungsmarkt war das im militant-nationalistischen Taumel wiedervereinigte Deutschland: Nicht nur politisch, auch als Markt für NS-Musik wurde Deutschland zur großen Hoffnung der Szene. Die Heroen der Szene, Ian Stuarts Skrewdriver residierten schon seit ´86 bei einem deutschen Label, Rock-o-Rama. Um `90 tourten alle großen NS-Bands durch Ostdeutschland, und so mancher Musiker beteiligte sich persönlich an Angriffen auf Asylantenunterkünfte. Zu dieser Zeit war die Ex-DDR quasi rechtsfreier Raum.

Aufgeschreckt durch die weltweit negative Berichterstattung über das neue, mörderische Deutschland der frühen 90er reagierte der bürgerliche Staat: Einerseits mit der Abschaffung des Asylrechts, andererseits mit einer härteren Gangart gegenüber der Neonaziszene – auch und insbesondere der musikalischen, bemerkbar durch zahlreiche Beschlagnahmungen und Indizierungen von Tonträgern und eine härtere Gangart gegen Konzertveranstalter.

Doch die Szene reagierte flexibel auf die Repressionen: Ein Teil der Bands ging in den „Untergrund“ und versorgte den Markt via im Ausland hergestellter CDs weiter – anderer mäßigten ihre Ausdrucksweise und wurden weiterhin legal vertrieben.

Ab Ende der 90er beginnt rechtsextreme Musik ein Massenphänomen zu werden, was eine Reihe von Ursachen hatte:
– Metal und Punk wurden massentauglich: dadurch starker Anstieg bei den HörerInnen „harter“ Musik im allgemeinen, rechter im speziellen
– Neue Stile werden erprobt: von Nazi-Techno bis Nazi-HipHop war plötzlich alles erlaubt was gefällt
– Der Boom der Liedermacherszene – während große Konzerte zunehmend schwierig zu organisieren waren nahm die Anzahl kleiner Veranstaltungen zu – für einen Liedermacherabend benötigte man auch keinen großen Saal mit Bühne und PA-Anlage, es reichte allein der Liedermacher und seine Gitarre.
– Das Internet wurde relevant zur Verbreitung von Musik, insbesonders von illegaler

Austria as it is

Die jugendliche rechtsextreme Szene erlebt in Österreich derzeit ihren vermutlich größten Boom seit 1945. Mittlerweile ist es durchaus angebracht, von einer Jugendbewegung zu sprechen – und zwar von der größten derzeit existierenden. Warum dies so ist kann momentan wohl nur unzureichend erklärt werden. Weder haben sich größere soziale Umwälzungen oder außenpolitische Veränderungen, gar internationale Konflikte mit den damit einhergehenden nationalistischen Mobilisierungen, ergeben. Die Wirtschaftskrise hat sich in Österreich bisher nur in vergleichsweise bescheidenem Ausmaß bemerkbar gemacht und den bereits vorhandenen Trend zur rechtsextremen Szene nicht mehr erkennbar verstärkt. Da es in Österreich keine wissenschaftliche Forschung zum Thema gibt, können wir über die Gründe dieser Entwicklung nur mutmaßen.

Zweifellos spielt die Regierungsbeteiligung der Rechtsextremen zwischen 2000 und 2006 eine Rolle, und zwar in mehrfacher Hinsicht:
– in diesem Zeitraum gab es aus politischen Gründen (Stichwort „Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner“) nahezu keine repressiven Maßnahmen gegen die Szene
– im gleichen Zeitraum wendet sich ein Teil der Szene von der FPÖ ab und macht sich an den Aufbau eigener Strukturen, allen voran den „Bund Freier Jugend“, ebenso wie an die Intensivierung der Auslandsverbindungen, insbesondere nach Deutschland, Slowenien, Kroatien, Ungarn und Tschechien.
– die politische Linke bzw. Antifa hat sich vielerorts ausschließlich mit dem parteiförmigen, legalem Rechtsextremismus beschäftigt und die Beobachtung illegale Strukturen vernachlässigt, deren Bekämpfung man den Behörden überlassen wollte – die sich aber auch heute noch als ebenso erschreckend unwillig wie unfähig erweisen.

Unabhängig davon hat in diesen Jahren auch das Internet seine Bedeutung verändert und wurde zum wichtigsten Verbreitungsinstrument des wichtigsten rechtsextremen Propagandamediums: der braunen Musik, die ihre HörerInnenschaft in wenigen Jahren verzigfachen konnte. Parallel dazu hat sich auch die Mode der Nazis verbreitet, einschlägige Kleidermarken werden nicht nur übers Internet vertrieben – 2009 eröffneten allein in Oberösterreich auch 2 Geschäfte für Nazi-Klamotten.

Hinzu kommt die Vervielfachung der Propaganda im Net: Gab es um 2000 kein Dutzend neonazistischer Homepages in Österreich kann man mittlerweile von zumindest einigen tausend rechtsextremer „userpages“ und Profile in „web 2“[3]-communities ausgehen, samt Musik, Grafiken, Fotos einschlägigen Inhalts. Neonazistische Propaganda wird heute in erster Linie über kommerzielle Community-Anbieter wie Szene1, myspace, youtube, last.fm oder facebook verbreitet denn über eigene NS-Strukturen, was einen behördlichen Zugriff weiters erschweren würde (so die zuständigen Behörden einen solchen anstreben würden).

Die Anzahl der Konzerte hingegen steigt nur langsam, bemerkbar wird aber, dass die Neonazis auch hier immer frecher auftreten: Im Juni konnte ein rechtsextremes Konzert mit den Wiener Bands Service Crew Vienna und Donner des Nordens in Wien trotz vorheriger Ankündigung ohne Reaktion von Politik oder Polizei über die Bühne gehen. Wie sich später herausstellte handelte es sich um ein Soli-Konzert für den Wiener Neonazi Jürgen Kasamas, der damals in U-Haft saß und mittlerweile wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde.

Einen Monat später meldet die Polizei in Oberösterreich triumphierend, ein Neonazi-Konzert verhindert zu habe: Doch die Nazis wurden zwar von einem Ort vertrieben, nur um anderswo dann ungestört konzertieren zu können. Im Mai war ein Konzert im Salzkammergut ebenso ungestört über die Bühne gegangen.

Sowohl Blood and Honour als auch die Hammerskins verfügen über Aktivisten in Österreich. Blood and Honour war in der Vergangenheit v. a. in Vorarlberg und Wien aktiv, die Aktivitäten der wenigen Hammerskins beschränken sich auf das Innviertel. Dazu kommen bundesweit wohl 2 Dutzend weiterer, meist lokal verankerter, Nazi-Skinbanden, die teilweise auch Konzerte organisieren, etwa die Skinheads Steiermark, die allein durch ihr Logo (SS-Totenkopf kombiniert mit steirischen Landeswappen, Abkürzung „SS“) gegen etwa 3 Gesetze verstoßen, aber dennoch völlig unbehelligt ihr Treiben fortsetzen können und in den vergangenen Jahren prominente US-Bands wie Max Resist in die Steiermark holten.

Die Liedermacherschiene wurde in den letzten Jahren von Gruppen wie dem Bund Freier Jugend, der Burschenschaft Olympia oder der Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik bedient. Neben Auftritten deutscher Szene-Szenestars wie Michael Müller und Frank Rennicke greifen auch vermehrt einheimische Rechte zur Klampfe: etwa der Liedermacher Bernhard aus Suben in Oberösterreich oder die Liedermacherin Isi aus Wien.

Thomas Rammerstorfer

Der Autor referiert gemeinsam mit Markus Rachbauer zum Thema „Brauntöne – rechtsextreme Jugendkulturen und ihre Musik“.

[1] Songzeile aus “White Power” von Skrewdriver”
[2] Lied “Zigger, Zigger – shoot those *censored*ing Niggers” vom Album “Barbecue in Rostock”

Quelle: Volksstimme, Oktober 2009