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Der schmale Grat zum Bilderberg

Das Treffen der „Bilderberger“ im Juni in Tirol wird von Protesten begleitet werden. Neben jeder Menge Obskuranten formiert sich auch ein linkes Bündnis – doch der Grat zwischen Kritik und Paranoia ist ein schmaler

Seit ihrem ersten Treffen im Hotel de Bilderberg in Oosterbeek, Niederlande, beschäftigen die dann so genannten „Bilderberger“ die Phantasie vieler Menschen. Ein Treffen einer Elite der westlichen Welt, aus Politik, Wirtschaft und Medien, unter Ausschluss der Öffentlichkeit: ungewöhnlich ist das nicht, höchstens die Tatsache, dass die Bilderberger-Konferenzen privat und nicht von staatlichen oder zwischenstaatlichen Organisationen veranstaltet werden. Nichtsdestotrotz sehen viele in den Bilderbergern zumindest eine Verbindung von Lobbyisten für den Neoliberalismus, wenn nicht gar eine von geheimnisenvollen, nicht selten antisemitisch konnotierten Mächten gesteuerte Weltregierung, die nach Belieben Krisen und Kriege entfacht.
Ein wesentlicher Vorwurf gegen die Bilderberger ist fehlende Transparenz. So werden keine Protokolle der Treffen veröffentlicht und keine JournalistInnen zugelassen. Das ist nicht unüblich: Auch Vorstandssitzungen in Wirtschaft und Politik, von NGOs, Gewerkschaften, ja selbst von Kulturvereinen sind in der Regel nicht öffentlich zugänglich. Ansonsten geben sich die Bilderberger in den letzten Jahren, wohl in dem (erfolglosen) Versuch die VerschwörungstheoretikerInnen zu entkräften, durchaus offenherzig. Die TeilnehmerInnen der Konferenzen werden mit Name, Herkunft und Position auf der homepage www.bilderbergmeetings.org ebenso genannt wie die Mitglieder des „Steering Comitee“, also des „Vorstandes“. Auch kann man dort die bei den Treffen besprochenen Themen nachlesen.

Die rechts-obskurantistischen Bilderberger-GegnerInnen formieren sich in einer Reihe von Facebook-Gruppen zum Gipfelsturm. Ein Klaus Schreiner von den „Friedensmahnwachen Innsbruck“ hat für 9. Juni in Telfs einen „Protest“ angekündigt. Hr. Schreiner betreibt den Blog „aktivist4you.at“, wo er und seinesgleichen in erster Linie gegen die USA und Israel schreiben. Kleine Kotzprobe gefällig? Beispielsweise geht es um den „Bombenkrieg im Jemen, den Washington im Auftrag seiner zionistischen Meister angezettelt hat“ (1). Für 11. Juni haben „Lars Mährholz und die Mahnwachen in Deutschland“ eine Kundgebung angekündigt. Neben offensichtlichen Spinnern wollen aber auch linke AktivistInnen protestieren.

Die linken Bilderberger-GegnerInnen

In Tirol hat sich ein Protest-Bündnis gebildet, das von verschiedenen AktivistInnen der KPÖ, der Piratenpartei und Einzelpersonen unterstützt wird.

Der „Bilderbergprotest Tirol“ beschreibt seine facebook-Gruppe wie folgt:
„Im Juni 2015 soll die Tagung der Bilderberg-Gruppe im Interalpen-Hotel in Mösern/Tirol stattfinden. Der österreichische Steuerzahler kommt für die Kosten der Exekutive auf, deren Aufgabe es ist, die Eliten aus Wirtschaft und Politik auf ihrem vermeintlich privaten Treffen vor der neugierigen Öffentlichkeit zu schützen. Es geht hier um Steuergeld in Millionenhöhe.(…) Diese Gruppe soll ein Podium für den Gedankenaustausch aller Kritiker des Bilderbergtreffens in Tirol sein. Hetzerische Inhalte und Werbung für hetzerische Webseiten sind hier unerwünscht.“ (2)
Auch auf ihrer homepage www.bilderbergproteste.at distanziert man sich erstmal klar vom breiten Narrensaum der Bilderberg-KritikerInnen: „Wir distanzieren uns von Antisemitismus, rechter Hetze, sowie von dubiosen verschwörungstheoretischen Konzepten rund um die Bilderbergtagungen.“
So eindeutig kann man die Distanz in der Praxis jedoch nicht durchhalten. So wird in der internen Facebook-Gruppe auch die Veranstaltung von Lars Mährholz beworben (wiederum von Klaus Schreiner). Die Reaktionen sind teilweise zustimmend, teilweise anlehnend (Kritik kommt von einem Aktivisten der Tiroler KPÖ) – gelöscht wurde die Werbung für Mährholz` Kundgebung jedenfalls nicht. Ebenso ungelöscht und bisweilen von den ModeratorInnen selbst gepostet bleiben Links zu obskurantistischen Seiten wie den oben erwähnten „aktivist4you“ oder den „Ceiberweibern“.
Auch ein Link zu einem Text von Claudia von Werlhof wird veröffentlicht und zustimmend besprochen. Die Innsbrucker Universitätsprofessorin wurde 2011 für ihre irren Thesen mit dem „Goldenen Brett vorm Kopf“ ausgezeichnet (3), einen Negativ-Preis für pseudo-wissenschaftlichen Unfug. Im geposteten Text ist dann u. a. die Rede davon, dass der IS „von den USA, der Nato, Israel und Saudi Arabien seit Jahren erschaffen, ausgebildet und finanziert worden ist“ Hinter den Bilderbergern vermutet Werlhof eine geheimnisvolle, nicht näher definierte „Macht“: „Hier ist man im Vorhof der Macht, der wirklichen Macht. Hierher wird eingeladen, wer ins Visier dieser Macht geraten ist.“ (4) Es folgt das übliche Geraune über künstlich herbeigeführte Klimaerwärmung, inszenierte Terroranschläge und Erdbeben. Das „goldene Brett vorm Kopf“ der Frau von Werlhof scheint jedenfalls nicht dünner geworden zu sein.

Neben einer Demonstration ist von „Bilderbergprotest Tirol“ auch ein Alternativgipfel angekündigt, mit – soweit mir bekannt – seriösen KapitalismuskritikerInnen wie Walter Baier oder Jayati Gosh. Ebenso referiert hier Hannes Hofbauer, ein dem antiimperialistischen Eck nahestehender Publizist, der bis 2012 auch noch im verschwörungstheoretischen „Compact“-Magazin des Jürgen Elsässer veröffentlichte. Kritisiert wurde Hofbauer auch für die Veröffentlichung des Buches „Blumen aus Galiläa“ des Antisemiten Israel Shamir in seinem Promedia-Verlag.

Wir sehen: Der Versuch einer „linken“ Kritik an den Bilderbergern ist ein schwieriger. Vielleicht ist dieser von vorn hinein zum Scheitern verurteilt: Wer nicht (oder undeutlich) vom Kapitalismus spricht, sondern sich nur an einzelnen VertreterInnen, IdeologInnen oder Interessensvertretungen dieses Wirtschaftssystems abarbeitet, zieht die Verschwörungsspinner magisch an. Ein bloßes einmaliges Festschreiben einer Distanzierung ist wohl nicht genug, der Kampf gegen Verschwörungstheorien, rechte „Kapitalismuskritik“ und Antisemitismus muss konsequent und stetig geführt werden.

Thomas Rammerstorfer

1 http://www.aktivist4you.at/wordpress/2015/05/21/peter-koenig-ein-wirtschaftswissenschaftler-und-geopolitischer-analyst-aus-der-schweiz-untersucht-die-absichten-die-das-us-imperium-mit-seinen-staendigen-kriegen-verfolgt-und-ruft-die-weltbevoelke/
2 https://www.facebook.com/bilderbergprotests2015?fref=nf
3 Die Laudatio: http://www.annefruetel.at/Werlhof%20Laudatio.pdf
4 https://fipaz.files.wordpress.com/2015/05/claudia-von-werlhof-bergbilder-und-bilderberger1.pdf

Türkische Faschisten demonstrieren gegen die Realität

Einen „Amoklauf gegen die Wirklichkeit“ nannten Brigitte Bailer-Galanda und Wilhelm Lasek einmal die Tätigkeit der „Revisionisten“, also der Leugner und Verniedlicher der Verbrechen des NS-Regimes. In den letzten Tagen fühlte man sich durchaus daran erinnert, nur dass das zu leugnende Thema der Völkermord an den ArmenierInnen war und die Gemeinschaft der Ungläubigen KemalistInnen, AnhängerInnen des politischen Islam und – in erster Linie und am lautesten heulend – „Graue Wölfe“, also AnhängerInnen der faschistischen MHP waren. Neben einer Reihe von Saalveranstaltungen in den vergangenen Monaten kam es nun auch auf der Straße zu Rudelbildungen.

Am 21. April fand es vor dem Parlament in Wien eine erste Kundgebung statt. Spruchtafeln mit Inhalten wie „Ende der Anschwärzung der Türkischen Geschichte“, Flaggen der Türkei und Aserbaidschans und Hände, geformt zum „Wolfsgruß“, wurden gewedelt.

Wesentlich größer fiel die Demo am 24. April aus, die gleichzeitig mit dem Trauermarsch für die Opfer des Genozids statt fand:

göks

"Wer sind die? Graue Wölfe!!"

„Wer sind die? Graue Wölfe!!“

Mehrere tausend SympathisantInnen konnten mobilisiert werden.

Dornbirn: Kundgebung gegen Gedenkgottesdienst (!)

In Vorarlberg zeigten die „Grauen Wölfe“, dass es noch widerwärtiger geht. In der Dornbirner „Bruder Klaus“ Kirche fand ein Gedenkgottesdienst für die ermordeten ArmenierInnen statt. Für den örtlichen Tarnverein der Faschisten, der „Safak Jugend & Kulturverein“ offenbar eine Provokation, so organisierte man eine Gegenkundgebung. Wie verhetzt, verblödet und verkommen kann man sein, um auf so eine Idee zu kommen? Jedenfalls besteht in Österreich hinsichtlich des Treibens der „Grauen Wölfe“ dringender Handlungsbedarf.

Hier zwei screenshots von der Safak-Seite, der erste zeuigt eine anti-armenische Karikatur, die zweite die angefertigten Schilder für die Kundgebung:

safak

 

safakdemo

Zur Kundgebung in Dornbirn: http://www.vol.at/dornbirn-tuerkischer-verein-demonstriert-gegen-armenier-gedenken/4302484

 

 

 

 

 

 

Die Putin-Fans aus Linz

Die neue Rechtspostille „Info-Direkt“ steigt für den russischen Präsidenten und gegen eine „Homo-Lobby“ in den Ring. Man will sich im „Alten Rathaus“ präsentieren

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Von der ersten Seite lässt das neue Medienprojekt keinen Zweifel an seiner Ausrichtung, oder besser: an seiner Mission. Auf der Titelseite prangt ER, wie er sich gerade die Sonnenbrille richtet. „Wir wollen einen wie Putin“ steht in dicken Lettern drunter. So gehts weiter, Schlag auf Schlag, Seite für Seite. Auf der vierten gibts das nächste Putin-Bild in cooler Pose, das Vorwort auf Seite 5 widmet sich dem russischen Präsidenten… dann folgt die 4-seitige Coverstory mit weiteren drei Putin-Bildern und einer ausführlichen Lobhuldigung seines vermeintlich segensreichen Wirkens für die Welt.

Die Seiten 10 bis 13 gehören Alexander Dugin, einem rechtsextremen Berater von Putin. Dugin erklärt auch, wer hinter allen bösen Behauptungen über den Meister steckt. Neben ukrainischen Neonazis und Hooligans – die „Homo-Lobby!“

Dugin:

„ (…) die linken und liberalen Gruppen oder auch die Homosexuellen-Lobby sind ja nicht weniger gefährlich als die gewaltbereiten Hooligans (…)“

Info-Direkt:

„Sie sagen, die liberalen und linken Gruppen, aber auch die Schwulenaktivisten seien nicht weniger gefährlich als gewaltbereite Hooligans?“

Dugin:

„Auch die Homo-Lobby hat außerordentlich extremistische Ansichten darüber, wie unsere Gesellschaft deformiert werden soll. (…) Die Schwulen- und Lesbenlobby ist nicht weniger gefährlich als Neonazi-Gruppen!“

Das Interview führte der deutsche Rechtsextremist Manuel Ochsenreiter.

Seite 13 und 14 widmen sich dann Putins Wirtschaftspolitik (einer einzigen Erfolgsstory natürlich), ehe es wiederum mit Manuel Ochsenreiter in den – O-Ton! – „Vorgarten Wladimir Putins“ geht – die Ostukraine. Jubelrusse Ochsenreiter durfte dort als „Wahlbeobachter“ wirken.

Es folgt eine Doppelseite mit einem Foto und ausgewählten Zitaten von… sie dürfen raten! Jedenfalls gehts auf den nächsten Seiten, also 20 bis 22, über „Putins Feinde in Russland“. Da wäre z. B. der böse Oligarch Newslin, dem im Artikel ausführliche Beziehungen nach Israel nachgesagt werden. Seite 22 bringt ein Interview mit dem russischen Generalkonsul in Salzburg, Sergej Smirnow. Seite 24 und 25 berichtet über „Religion als Seele der Kultur“, garniert mit einem Foto von Putin und dem orthodoxen Patriarchen. Es folgt ein Bericht über das deutsch-russische Verhältnis (Foto: Putin mit Merkel).

Dann eine wahre Putin-Entwöhnung: 3 Seiten zur PEGIDA, eine zu Südtirol, 2 über die bösen Linken, dann einfach mal eine halbnackte Frau, gefolgt von einem einseitigen Buchauszug von Akif Pirincci.

Erst im Kulturteil endlich wieder Putin, diesmal in einem Interview mit dem Wiener Friedenswahnmacher Stephan Bartunek. Der hatte eines schönen Tages „selbst recherchiert und verblüfft festgestellt: Putin hat recht.“ Es folgen Porträts der Salzburger Neofolkgruppe „Jännerwein“ (enttäuschend: ohne eine einzige Putin-Erwähnung!) sowie der Organisatorin des russischen Balls in Wien, Nathalie Holzmüller. Nach 3 Seiten diverser Zitate („Wladimir Putin: In der Ukraine kämpft eine NATO-Legion“), auf Seite 47 endlich wieder mal ein Putin-Bild. Die letzte Seite widmet sich der Vorankündigung der nächsten Ausgabe. Zur Präsentation hat man sich illustre Räumlichkeiten angemietet: In Wien (24. 4.) das Hotel Astoria, in Linz (25. 4.) das Alte Rathaus. Da stellt sich die Frage, wer finanziert eigentlich den Spaß, woher rollt der Rubel? Immerhin geht’s um ein 48-seitiges Hochglanzmagazin, das kostenlos an potentiell Interessierte versandt wurde, in edlen Locations präsentiert wird, offenbar eigene Redaktionsräumlichkeiten angemietet hat… und das ohne auch nur ein einziges Inserat! Auf der homepage findet man die Antwort: Info-Direkt werde „von niemanden finanziert[1].

Viel mehr Transparenz ist auch bezüglich der AutorInnen nicht vorhanden. Die meisten Artikel sind nicht namentlich gezeichnet. Zum „Medieninhaber, Hersteller, Herausgeber und Redaktion“ erklärt sich ein „Verein für Meinungsfreiheit und unabhängige Publizistik“ aus der Linzer Ellbognerstraße (die Anschrift des Magazins ist allerdings in der Dieselstraße). Obmann Karl Winkler (an anderer Stelle auch: Karl Winkler-Ellbogner). Dieser ist nicht ganz unbekannt als OÖ-Vorsitzender der „Österreichischen Landsmannschaft“. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) bezeichnet diese als „rechtsextreme Organisation mit vordergründig humanitärer Ausrichtung, die vor allem im publizistischen Bereich beträchtliche Aktivitäten setzt und aufgrund ihrer ideologisch-kulturellen Tätigkeit eine wichtige integrative Funktion für das deutschnationale und rechtsextreme Lager erfüllt.“[2]

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Thomas Rammerstorfer

[1] http://www.info-direkt.at/ueber-uns/

[2] http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/rechtsextreme-organisationen/schutzverein-oesterreichische-landsmannschaft-oelm

1915 – 2015: Der Genozid an ArmenierInnen und AssyrerInnen. Gedenken, Leugnen, Aufarbeiten

Die neuen LeEZA-Nachrichten (1/2015, Ausgabe 11) gehen nun in Druck.
Schwerpunkt:

1915 – 2015: Der Genozid an ArmenierInnen und AssyrerInnen
Gedenken, Leugnen, Aufarbeiten

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Wir schicken die Zeitschrift wie immer gratis zu, bitte geben Sie uns bei Interesse ihre Postanschrift bekannt.
Mit solidarischen Grüßen,
die LeEZA-MitarbeiterInnen

LeEZA
Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit

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Mitleid mit dem Teufel – Weltverschwörung entpuppt sich als Reinfall!

Nehmen wir mal an, es stimmt: Die Illuminaten bemühen sich seit hunderten – nach anderen Quellen gar seit tausenden! – von Jahren die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ihre – wahlweise Helfer oder Chefs – sind Satan, die Freimaurer, die Juden, die Bilderberger, die EU. Sie versuchen eine „Eine-Welt-Republik“ zu errichten, ein Riesen-Israel, dazu einen Großteil der Menschheit mittels AIDS und Chemtrails zu ermorden und haben noch allerhand andre finstere Pläne. Eingedenk solch großer Anstrengungen wirds mal allerhöchste Zeit Bilanz zu ziehen. Und die fällt denkbar schlecht aus: Die Weltverschwörer haben im Reality Check voll abgeloost!

Hier mal einige Erkenntnisse zu den Weltverschwörern – alle folgenden Zitate nach Jochen Römers „NWO – Die neue Weltordnung – was sie bedeutet“:

„Die UNO wurde also von den Illuminaten bzw. von den Templern als die größte Freimaurerloge der Welt erschaffen, wobei 2 Weltkriege und die Wallstreet-Finanzkrise 1929 als deren größten Kunststücke des 20. Jhdt. Vorausgingen“
„1999 fand ein Treffen der Führer aller Religionen statt mit dem Ergebnis, eine globale Weltreligion zu schaffen“
„Die NWO ist das Endziel einer Verschwörung, die eine Ultradiktatur durch die Infiltrierung aller Systeme errichten will“
„Von Anfang an waren die Machenschaften der Illuminaten-Gesellschaft auf ein Bündnis mit Satan begründet.“
„Heute versucht man mithilfe künstlicher Feindbilder (Propaganda) einen Atomkrieg vom Zaun zu brechen – sei es im Iran oder in Korea.“
„NWO-Plan der Tötung von 90% der Weltbevölkerung“

So weit, so gut. Aber jetzt schauen wir uns mal an was aus all den tollen Plänen wurde:

Die „Eine-Welt-Republik“, der einzige und alleinige Superstaat, steht ganz oben auf der „to do“-Liste der Weltverschwörer. Doch mit seiner Etablierung schaut es verdammt schlecht aus. Die Sache entwickelt sich sogar äußerst ungünstig, allein in den letzten hundert Jahren hat sich die Anzahl der Staaten nicht etwa reduziert, sondern verdreifacht! Seit den 1990ern proklamiert ohnehin jede Ansammlung von Kuhdörfern seine eigene Republik. Nur Deutschland, der Staat den die Weltverschwörer besonders hassen, ist nicht zerfallen, sondern hat sich sogar noch vergrößert. Fünf, setzen!

Groß-Israel: Es ist zum Mäuse melken! Da entfachen die Verschwörer zwei Welt- und einen Arsch voller Regionalkriege, bringen Millionen von sich selbst um, und was haben sie davon? Schlechte Presse und einen Streifen in der Wüste, umgeben von Arabern! Selbst mit den besetzten Gebieten, auf die nun wirklich niemand scharf ist, sind das grad mal 29 Tausend von 510 Millionen Quadratkilometer der Erdoberfläche. Ein Siebzehntausenfünfhundertsechsundachtzigstel -expandiert „Groß-Israel“ in dieser Geschwindigkeit weiter, ist es bis zum Erlöschen der Sonne etwa so groß wie Österreich.

Die Vernichtung großer Teile der Menschheit. Ob alle „Weißen“, ob alle „Schwarzen“, oder überhaupt alle: Die Feinde der Weltverschwörer behaupten gerne, diese würden gerne die Weltbevölkerung erheblich dezimieren. So ziemlich alle Krankheiten von der Pest bis AIDS und Ebola wurden dafür in Laboren gezüchtet und unters Volk gebracht, mittels Chemtrails (Kondensstreifen) wird Gift gespritzt, und Naturkatastrophen werden im Wochentakt über den Erdball gejagt. Aber so viele die Illuminaten mit Tsunamis ins Meer spülen, vom Erdbebenboden verschlucken und vom Winde verwehen lassen: Die werden trotzdem immer mehr! Und zwar alle! Und das allerschlimmste: Die leben auch noch immer länger. Nein!!! Doch. Ohhh!

Auch alle anderen Projekte der Super-Illus scheinen vorerst gescheitert: Die Inplantierung von Chips in die Menschen um sie zu steuern: Nix wurde draus. Die geplanten Weltuntergänge 1999 bzw. 2012: auf unbestimmte Zeit verschoben. Nicht mal ein kleiner Atomkrieg und schon gar kein Dritter Weltkrieg ist sich ausgegangen. Dazu kommt: Seit es das Internet gibt, schauen die Leute kaum mehr aus dem Fenster, deswegen ist auch die Anzahl an UFO-Sichtungen stark rückläufig. Die Lieblingsspielzeuge der Verschwörer, UNO und EU, stecken in der Krise. Satan mögen nur mehr ein paar 16-jährige Heavy Metal-Fans und wer ernsthaft auf eine Einheitsweltreligion hofft hat wohl nicht mehr alle Sardinen in der Büchse.

So weit, so schlecht. Dabei haben sich der Gehörnte und seine Allianz aus super-schurkischen ethnischen Minderheiten so viel Mühe gegeben! Man möchte fast meinen, die Welt hat sich gegen sie verschworen.

Thomas Rammerstorfer

Salafismus und Reaktion in Oberösterreich

„Lies!“ ist die simple Forderung, unter der freundliche, meist bärtige junge Männer in mitteleuropäischen Innenstädten kostenlos Koranexemplare verteilen. 2011 startete die Aktion in Deutschland. Ziel ist es, allein dort 25 Millionen Exemplare unter die Menschen zu bringen, einen pro Haushalt. Mittlerweile wurde die Kampagne auf zahlreiche weitere europäische und asiatische Städte ausgedehnt. In Österreich bilden Wien und Linz die Schwerpunkte der Missionierungstätigkeit. Weitere im Jahr 2014 in dieser Hinsicht beglückte Orte in Oberösterreich waren/sind Wels, Steyr, Vöcklabruck, Braunau, Ried im Innkreis und Gmunden. Diese Street Dawa („Straßenmissionierung“) ist derzeit das wichtigste und für Außenstehende natürlich offensichtlichste Instrument salafistischer Propaganda. Immer wieder kommt es zu Debatten: Sind das harmlose Spinner, anständige Idealisten oder gar potentielle Terroristen, die ihre weißen „Lies!“-Westen jederzeit gegen einen Sprengstoffgürtel tauschen würden?

„Die wahre Religion“ in Österreich

Zwei offizielle facebook-Seiten betreibt das „Lies!“-Projekt in Österreich. Eine widmet sich der internationalen Kampagne und bringt Nachrichten aus aller Welt. Die andere berichtet ausschließlich über die Dawa-Aktivitäten in Österreich, in erster Linie die Koranverteilungen. Dazu kommt das eine oder andere Video von unbürokratischen Spontankonversionen. Es reicht, das islamische Glaubensbekenntnis nachzusprechen, schon wird man unter „Allahu Akber!“-Rufen in die Gemeinschaft aufgenommen. Die Bilder zeigen dekorierte Büchertische mit dem auf ein Buch begrenzten Sortiment und junge Männer, mit Bart, soweit es der Hormonhaushalt schon zulässt. Nur auf wenigen Fotos sind ältere Herren zu sehen, so z. B. bei jenen vom Tisch im Juni im Donauzentrum in Wien. Hier steht Ibrahim Abou-Nagie bei den Kids – einer der einflussreichsten Prediger der radikalen Szene und „Erfinder“ der Koranverteilungen. Der Besuch in Österreich wird auch auf Video festgehalten . Es zeigt Abou-Nagie in der Mariahilfer Straße – alle paar Sekunden wandert ein Koran über den Tisch in die Hände interessierter PassantInnen. Im Interview spricht er von 1 Million Konvertiten in Deutschland und schwadroniert munter drauf los über die freundlichen Menschen in Österreich und die Vorteile des Handabhackens als Strafe für Diebe: „Die Menschen, die Angst haben, dass ihre Hand abgehackt wird, die brauchen nicht zu klauen“. So einfach ist das.
Abou-Nagie und seine Gruppe „Die wahre Religion“ (DWR) sind die größte und aktivste Salafistengruppe in Österreich. Die österreichischen facebook-Seiten haben keine eigenen Homepages, sondern verweisen direkt auf Abou-Nagies www.diewahrereligion.de. Ident sind die österreichischen facebook-Inhalte auch mit jenen von www.hausdesqurans.de.
Während sich Abou-Nagie eher rarmacht, ist der charismatische und jugend-tauglichere DWR-Prediger Pierre Vogel Stammgast in Oberösterreich. Seit 2008 tritt er etwa einmal im Jahr hier auf, Gastgeber sind die einschlägigen Moscheevereine Kewser in Linz und Sahwa in Wels. An die 100 Zuhörende pro Vortrag (2012 in Linz anscheinend auch eine Schulklasse!) kann Vogel in Österreich anlocken. Zuviel, aber eingedenk seines Popstar-Status in der Szene eine doch überschaubare Menge.
Laut ernsthaften deutschen IslamexpertInnen wie Nina Wiedl und Claudia Dantschke ist DWR dem radikalen Spektrum zuzuordnen, d. h. zum „Djihad“ wie in Syrien wird zwar nicht aufgerufen, man zeigt jedoch durchaus Verständnis dafür. Verschwörungstheorien, Antisemitismus, das Delegitimieren demokratischer Systeme und die Abwertung von Frauen und Homosexuellen sind weitere Konstanten in der DWR-Propaganda.

Was tun?

Bei aller Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung: Pauschale Angriffe auf den Islam nutzen nur der radikalen Minderheit unter den MuslimInnen. Die anti-muslimischen Hetzer sind deren wichtigste Verbündete; Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen treiben Jugendliche in die Hand extremer Prediger. Das heißt, ein wirkungsvoller Kampf gegen Desintegrationsprozesse muss immer auch einer gegen heimische rechte Hetzer sein.
Das bedeutet aber nicht, über antidemokratische Einstellungen und deren ideologische Hintermänner in der muslimischen Community zu schweigen. Diese Einstellungen finden sich über das salafistische Spektrum hinaus in einer Reihe nationalistisch-islamistischer Gruppierungen wie etwa in der türkischen Millî Görüş – Bewegung, oder in einer rechtsextremen Ausprägung bei den „Grauen Wölfen“. Die DemokratInnen werden in der nächsten Zeit an mehreren Fronten zu kämpfen haben.

Thomas Rammerstorfer

Was ist Salafismus?
Die AnhängerInnenschaft der „Salaf“ (arabisch: die Vorgänger, die Altvorderen) stehen für eine erzkonservative Richtung im sunnitischen Islam. Die Salafisten streben ein Leben nach einer wortgetreuen Interpretation des Koran an, sie lehnen alle Anpassungen, die die Religion seit dem 7. Jahrhundert widerfahren haben, ab. Der Salafismus ist keine neue Bewegung, weshalb von manchen IslamwissenschafterInnen für das heutige Phänomen auch der Begriff Neo-Salafismus verwendet wird. In Saudi-Arabien ist mit dem Wahhabismus eine Spielart des Salafismus Staatsreligion. ExpertInnen differenzieren vier verschiedene – allerdings untereinander korrespondierende – Stoßrichtungen: Die „puritanische“ Richtung, die in erster Linie im alltäglichen Leben den Koranregeln entsprechen will, sich aber nicht politisch betätigt. Eine zweite, politische Richtung, die aktiv „Dawa“, das muslimische Pendant zur christlichen Missionierung, betreibt. Als Drittes die „Radikalen“, die den bewaffneten Kampf zwar nicht aktiv propagieren oder praktizieren, ihn aber doch unter Umständen für legitim befinden. Am extremen Rand der Szene stehen die Unterstützer und Praktikanten terroristischer und sonstiger militanter Aktivitäten.
In Deutschland geht man von etwa 7000 AnhängerInnen des Salafismus aus, das sind dort weniger als 0,2 % aller Menschen muslimischen Glaubens.

1 http://www.diewahrereligion.de/jwplayer/index.htm „Besuch in Österreich“
2 Bei dieser Zahl dürfte der Wunsch Vater des Gedanken sein. Seriösere Quellen sprechen von ca. 40 000

Artikel aus „Antifa Jahresforum 2014“, herausgegeben von der Welser Initiative gegen Faschismus

Kurdistan-Solidarität Wels

Warum „Kurdistan-Solidarität Wels“?

Seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien haben sich mehrere Gebiete mit kurdischer Bevölkerungsmehrheit de facto autonom entwickelt. Weitgehend gelang es den „Volksverteidigungskräften“ (YPG), den Krieg aus diesen Gebieten rauszuhalten. Es wurde eine eigene Verwaltung aufgebaut, in der auch die nicht-kurdischen Minderheiten repräsentiert waren, so wurde jeder Ministerposten dreifach, mit VertreterInnen der KurdInnen sowie der muslimischen und der christlichen AraberInnen besetzt. Frauen genießen in dieser Region eine wohl einzigartige Gleichberechtigung und in sind in Politik, Verwaltung und den Milizen präsent.

Seit der Kapitulation der irakischen Armee gegen den „Islamischen Staat“ bei Mossul ist die Situation zunehmend kritischer geworden. Im August gelang es der YPG gemeinsam mit der türkisch-kurdischen PKK noch einen Genozid an der religiösen Minderheit der Yeziden zu verhindern. Doch die eigenen Gebiete kann man, selbst in Stich gelassen von der Weltöffentlichkeit, nun nur mehr schwer verteidigen. Die Mittlere der drei kurdischen Regionen, Kobane, steht unmittelbar vor dem Fall.
Die humanitäre Katastrophe sprengt jeden Rahmen. Millionen Menschen sind vom Völkermord bedroht und auf der Flucht.
Wir organisieren in Zusammenarbeit mit kurdischen Vereinen in Österreich Hilfe. Zuerst sammeln wir Medikamente (schmerzstillende Mittel, fiebersenkende Mittel, Wund- und Heilsalben, Desinfektionsmittel) sowie Geld.

Warum die Kooperation mit kurdischen Vereinen anstatt mit großen NGOs?
– Über die Strukturen der KurdInnen kann auch in Gebieten geholfen werden, die von internationalen Organisationen nicht beliefert werden
– Die KurdInnen wissen selbst am besten, was sie wann und wo brauchen
– Einige große türkische Hilfsorganisationen stehen dem nationalistisch-islamistischem Spektrum nahe und benachteiligen die KurdInnen
– Selbstverständlich arbeiten alle ehrenamtlich – jeder Cent geht nach Kurdistan

Der Abschaum aller Länder, der sich im „Islamischen Staat“ zusammen gerottet hat, ist eine akute Bedrohung für uns alle. Bislang wird er nur von den KurdInnen konsequent bekämpft, dafür sind sie einer besonders grausamen Verfolgung ausgesetzt. Lassen wir sie nicht alleine!

Für Sachspenden: Bitte via www.facebook.com/kurdistanwels oder t.rammerstorfer@gmx.at anfragen.

Thomas Rammerstorfer
Zahlungszweck: „Spende“
BIC VBWEAT2WXXX
IBAN AT 84 44800 414613 00000
Welser Volksbank

Alle Spenden werden aufgelistet (anonym oder nicht – wie ihr wollt) – die Liste kann auf Wunsch eingesehen werden.

Erzfeind Israel – Antisemitische Parolen und Übergriffe durch Menschen aus der Türkei – wer heizt die Stimmung an? Anmerkungen zum Thema.

Kein geopolitisches Thema bewegt die türkische Community intensiver als die israelische Militäroperation im Gaza. Hunderttausende gingen in den vergangenen Tagen auf die Straße, es kam zu gewalttätigen Übergriffen und soziale Medien sind nahezu überschwemmt mit anti-israelischen und/oder antisemitischen Parolen und Bildchen. Die Vorkommnisse im Gazastreifen empören in der Türkei zweifellos mehr Menschen als der ungleich blutigere und die Türkei deutlich mehr betreffende Bürgerkrieg in Syrien.
Betrachtet man die über 880 vorwiegend türkisch-stämmigen Angemeldeten für die Pro-Gaza-Demo in Linz, hat man wohl einen ungefähren Durchschnitt dieser Bevölkerungsgruppe: Säkulare und Religiös-Konservative, Rechte und Linke in allen Spielarten von bekennenden KPÖ-Anhängern, linken KurdInnen bis zu MHP-Faschisten, SchülerInnen und UnternehmerInnen, Männer und Frauen – letztere ebenso mit Kopftuch wie auch im Minirock, ATIB- und Milli Görüs-Gruppen. Der Demo-Aufruf erfolgte von einer Seite namens „free Palestine“, einer bei facebook als Gemeinschaft angemeldeten Gruppe (?), deren Betreiber sich nicht die Mühe machen, Objektivität oder Friedfertigkeit zu heucheln: „Die scheis israelis kriegen dass und mehr zurück die scheis Bastarde“ oder (über eine israelische Abgeordnete) „Solche missgeburten würde gerne die fresse pullieren“ schreibt „free Palestine“. Kritische Kommentare dazu? Fehlanzeige.

Angesichts der heterogenen DemonstrantInnenschar hat man nicht den Eindruck, es handle sich bei den Gaza-Fans um einen Haufen ungebildeter Landeier und religiöser Eiferer. Nein, es sind sogar auffallend viel Menschen darunter, die man als „bestens integriert“ bezeichnen würde: GymnasiastInnen und Studierende, UnternehmerInnen und höhere Angestellte. Warum ist das so, in einem Land, wo Antisemitismus recht wenig Tradition hat?

Die AKP und die NationalistInnen

Premier Erdogan hat viele Gründe, den Konflikt anzuheizen. Zum einen kann er sich als Schirmherr des sunnitischen Islams inszenieren, als heimlicher Kalif quasi, dessen Worte und Werte auch jenseits der türkischen Grenzen Gewicht haben. Nach einem langen Jahr mit den Gezi-Park-Protesten, dem Unglück von Soma, dem Zerwürfnis mit der mächtigen Gülen-Bewegung und ohne Verhandlungserfolg mit den KurdInnen kommt die Eskalation in Gaza kurz vor den Wahlen im August wie bestellt. Die einzige Frage, in der ein nationaler Konsens zu herrschen scheint, bestimmt nun die Politik und die Stimmung der Gesellschaft. Erdogan wird die Wahlen im Gaza-Streifen gewinnen.

Bei der extremen Rechten war der Antisemitismus zwar virulent vorhanden, aber selten intensiv ausgelebt worden. Für kapitalistische Krisen machte man in der Türkei traditionell ArmenierInnen verantwortlich. Ebenso für die Gründung der PKK. Da ArmenierInnen und KurdInnen momentan nur beschränkt als Feindbild taugen, hat man sich nun aber auch verstärkt Israel zugewandt. Erdogans Position wird als zu lasch kritisiert, gezielt werden Gerüchte im Umlauf gebracht (auch von den Vereinen der „Grauen Wölfe“ in Österreich), Erdogan paktiere in Wahrheit mit den JüdInnen.
Auch der Ablenkung von der eigenen Minderheitenpolitik dient die Dämonisierung Israels. Wenn Israel einen Völkermord an den PalästinenserInnen begeht, dann muss ja die türkische Politik gegenüber den ArmenierInnen und KurdInnen fast human sein.
Ein weiterer, noch wenig bedachter Effekt. Die Dämonisierung nahezu aller „westlicher“ Waren als „jüdisch“ und das gleichzeitigen Bewerben türkischer Waren mittels einfacher Bildchen. Ein Schelm, wer hier an billige umsatzsteigernde Maßnahmen denkt:
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Die Linke

Auch die linken Organisationen und Parteien versuchen sich in rabiatem Israel-Hass und darin, Erdogan als Heuchler darzustellen, der hinterrücks nach wie vor Geschäfte mit Israel macht:
didf

Die Linke präsentiert sich gefangen im Antiimperialismus der 1960er und 1970er Jahre. Jeder Konflikt muss zwangsläufig in das Schema „Befreiungsbewegung vs. Imperialisten“ gepresst werden. Logik oder gar Analyse bleiben auf der Strecke. Zum politischen Islam fällt einem nicht mehr ein, als Organisationen die einem gerade in den Kram passen als antiimperialistisch zu deuten (Hamas), jene die das nicht tun als „von imperialistischen Mächten gesteuert“ (wie der „Islamische Staat“ in Syrien und dem Irak). Der Komplexität der Region kann man so nicht gerecht werden. Und will man auch nicht: Lieber beteiligt man sich an den inner-türkischen Meisterschaften im Israel-Bashing. Die in Österreich vertretene ATIGF („Föderation der Arbeiter und Studenten aus der Türkei in Österreich“) schwafelt von der „faschistischen Diktatur Israel“, die DIDF („Föderation Demokratischer Arbeitervereine“) findet den Vergleich des Staates Israel mit dem NS-Regime treffend:
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Die Jugendkultur

Antisemitische Statements und Weltverschwörungstheorien sind eine Selbstverständlichkeit in Teilen der deutschen bzw. deutsch-migrantischen Hip Hop-Kultur geworden, deren KonsumentInnenkreis natürlich nicht nur, aber auch große Teile der türkisch-stämmigen Kids umfasst. Eine ganze Reihe relevanter Künstler des Gangster- bzw. Battleraps zeigen sich hier verhaltensauffällig: Integrationspreisträger Bushido etwa twitterte eine Landkarte, auf der Israel nicht mehr existiert – an seiner Stelle gibt es nur mehr „Palestine“. Kurdo, der deutsche Rapper mit kurdisch-irakischen Wurzeln äußerte sich auf facebook hocherfreut über den Platzsturm eines antisemitischen Mobs in Bischofshofen: „Ich Feier die Jungs“ und „Bin voll auf eure Seite Jungs“ kommentierte er und erntete dafür an die 30 000 „Gefällt mir“. Das Befürworten antisemitischer Übergriffe als Massenphänomen. Der deutsch-kurdische Musiker Haftbefehl untermauert seine Forderung „Free Palestine“ im gleichnamigen Video mit dem Herumfuchteln mit einer Bazooka und rappt in „Psst“, er verkaufe „Kokain an die Juden von der Börse“. Fix im Programm haben den Antisemitismus noch weitere Acts wie Celo & Abdi oder Bözemann. Kollegah formuliert etwas vorsichtiger in seinen Liedern über die Weltverschwörung der Freimaurer und Illuminaten, die auch im christlichen Mainstreamer Xavier Naidoo einen Gläubigen gefunden hat.

Was bleibt

Es gibt einen fixen Anti-Israel-Konsens in der türkischen politischen und medialen Landschaft. Dieser wird via Satellitenfernsehen und social media in alle Teile der Welt hinausgeplärrt. Gruppierungen des politischen Islams teilen diese Politik, unterscheiden sich aber in ihrer Propaganda wenig bis gar nicht vom Antisemitismus der säkularen Rechten und der Linken. Die Sache hat also viel mit türkischer Innenpolitik und wenig mit Religion zu tun. Und sie spielt sich vor allem auf der Gefühlsebene ab, die wiederum mit möglichst blutrünstigen Bildchen, bevorzugt verletzten oder toten Kindern, angesprochen wird. Dagegen argumentiert es sich schwer. Kritische Stimmen, die es durchaus auch aus der türkischen bzw. kurdischen Community gibt, werden rasch niedergebrüllt. Es wird wohl erst nach dem Ende der Kampfhandlungen in Gaza und dem damit verbundenen Abflauen der Hysterie möglich sein, überhaupt miteinander zu sprechen.