Kategorie-Archiv: Allgemein

Braun in Braunau: Ein paar Anmerkungen zur Diskussion

„Ich glaube, im Bezirk Braunau ist die rechtsextreme Szene stärker als in Schärding und Ried“.
Diese Aussage in einem OÖN-Interview sorgte für einigen Widerspruch aus der Region. Schauen wir uns die Fakten an.

1. Die Straftaten
Bezirkspolizeikommandant Martin Pumberger entgegnet: „2013 hat es im Bezirk zehn Anzeigen wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz gegeben, sechs davon wurden geklärt.“
und die Szene sei kleiner geworden:
„Nur zwei, drei Eingefleischte, ein paar kleine Gruppierungen.“
Tatsächlich mag die Szene kleiner oder zumindest inaktiver geworden sein. Wie „zwei, drei Eingefleischte“ gleich „ein paar kleine Gruppierungen“ bilden können und warum dies wenig sein soll, bleibt unklar.
Zu den eingangs genannten Zahlen: 10 Anzeigen innerhalb eines Jahres wegen des Verbotsgesetz in einen Bezirk mit etwas weniger als 100 000 EinwohnerInnen sind so wenig nicht. Bundesweit waren es 529 – rechnet man das auf die Bevölkerung um, kommt in Braunau eine Anzeige auf weniger als 10 000 EinwohnerInnen im Jahr; bundesweit war es „nur“ eine auf über 15 000. Und das in einer, hier bin ich mit der Polizei einig, relativ ruhigen Phase. Zahlen zu anderen rechtsextremen Delikten im Bezirk Braunau und Zahlen zu Schärding oder Ried liegen mir nicht vor.

Fakt ist, dass nach wie vor Neonazis in der Region aktiv sind. Das Spektrum reicht hier von bestens vernetzten Kameradschaften wie dem „Widerstand Braunau“ (der auch einen eigenen Blog betreibt) zu losen Gruppen wie dem „Sturmführerkommando“ und Freizeit-orientierten Rechtsextremen wie der „Road Crew“, hier bei einem Gruppenfoto vor dem Hitler-Geburtshaus am 1. November 2013:

braunauroadcrew1.2014

2. Die Wahlergebnisse
Auch hier liegen dankenswerterweise Zahlen vor, die der Nationalratswahl im September 2013. Im gesamten Bezirk wurden die FPÖ mit 25,19 % zweitstärkste Partei. Das liegt über dem Österreich- wie auch dem Oberösterreich-Schnitt, aber sogar minimal unter dem Innviertel-Schnitt und auch hinter dem Bezirk Wels-Stadt. Das beste FPÖ-Ergebnis der OÖ-Gemeinden stammt mit 42, 7 % in St. Georgen am Fillmannsbach aus dem Bezirk.

3. Die Meinung von ExpertInnen
Die OÖN zitierten als Gegenmeinung zu meinen Angaben neben den Bezirkspolizeikommandant Martin Pumberger einen Streetworker, den man als „Experten“ bezeichnete. Warum geht aus dem Artikel nicht hervor, bestritt dieser dann doch – selbst im Widerspruch zum Bezirkspolizeikommandanten – überhaupt die Existenz einer „rechten Szene“.
2012 haben verschiedene ExpertInnen umfangreiches Material veröffentlicht, um die Diskussion ob es denn Rechtsextremismus überhaupt im Bezirk gäbe, mal zu beenden:
http://braunau-gegen-rechts.at/antifaschistische-chronik-braunau-am-inn/
http://www.stopptdierechten.at/2012/04/10/braunau-oo-hotspot-der-neonazis-i-v/
Die Veröffentlichungen lieferten wohl durchaus einen Beitrag, dass sich einzelne aus der Szene zurückzogen, bzw. ihre Gesinnung nicht mehr „offen“ zur Schau stellen, sei es via social media oder im realen Alltag. So berichtet auch die deutsche Aussteigerhilfs-Organisation von Hilfsgesuchen aus dem Bezirk Braunau, auch im Jahre 2013 soll es deren mehrere gegeben haben. Es kam auch zu Anzeigen, der erst diese Woche wieder Verurteilungen folgten:
http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/innviertel/Neonazi-Vergangenheit-Bruederpaar-verurteilt;art70,1347445
Mit „Braunau gegen Rechts“, „stopptdierechten.at“, dem Infoladen Wels, dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes und verschiedenen deutschen Organisationen attestieren alle ExpertInnen zum Thema der Region ein historisch gewachsenes und nicht überwundenes Problem mit relativ weit verbreiteten rechtsextremen, deutschnationalen und antidemokratischen Einstellungen.

4. Was jetzt?
Die Häufung rechtsextremistischer Vorfälle und Einstellungen in der Region lässt in keinster Weise Rückschlüsse auf die Befindlichkeiten aller EinwohnerInnen zu. Verallgemeinerungen sind Methoden der Rechten, nicht der AntifaschistInnen. Ich persönlich bin des alten Spielchens „Antifa klagt an – Politik & Polizei beschwichtigen“ auch schon ein bissl müde. Ich und andere werden nicht aufhören, diverse Umtriebe in der Region zu beobachten und zu kritisieren. Einem – auch unseren Einschätzungen gegenüber – kritischen Dialog werde ich mich aber keineswegs verweigern.

Thomas Rammerstorfer

Stellungnahme von Thomas Winkler, Chefredakteur der „Bezirksrundschau“

„Wie in meinem ersten Schreiben an Sie formuliert, ist es absurd die BezirksRundschau in die Nähe einer Vereinigung zu rücken, die rechtsextremes Gedankengut vertritt.
Sowohl die BezirksRundschau als Unternehmen, als auch ich in meiner Funktion als Chefredakteur und persönlich distanzieren uns von jeglicher extremer Orientierung – egal welcher Ausprägung.
Diese Informationen hätten Sie auch von mir bekommen, wenn Sie – so wie es der Journalismus voraussetzt – vor dem Veröffentlichen Ihres ursprünglichen Berichts zum Telefonhörer gegriffen und mich angerufen hätten.
Audiatur et altera pars – immer die zweite Seite anzuhören – sollte auch in Zeiten des Online-Journalismus eine unabdingbare Vorgabe bleiben.“

Mag. Thomas Winkler

Was man braucht, um soziale Proteste zu ethnisieren – ein ukrainisches Lehrstück

In weltwirtschaftskrisengebeutelten Zeiten kommt es zwangsläufig zu sozialen Protesten. Trifft die globale Krise auf jede Menge hausgemachte bzw. regionale Missstände, kann eine Protestbewegung durchaus zum Machtfaktor werden, und wird somit auch für die geopolitischen Ränke der regionalen und globalen Player interessant. Diese unterstützen dann mitunter unterschiedliche Fraktionen in den destabilisierten Ländern, deren kleinster gemeinsamer Nenner die Absage an jeglichen Klassenkampf sein muss. Das war in der Ukraine nicht allzu schwierig: Die Protestbewegung war von Beginn weitestgehend bürgerlich bis rechts orientiert, Gewerkschaften oder linke Parteien spielten keine große Rolle. Aber was braucht es noch, um eine Radikalisierung nach rechts voranzutreiben?

1. Die glorreiche Vergangenheit
Wer braucht denn bitte Brot und Rosen, wenn er zu Marschmusik hinter bunten Fähnchen herlaufen darf. Wenn er sich selbst nicht mehr als Individuum, sondern als Teil eines Volksganzen sieht, als Teil eines historischen Kampfes, den schon Väter, Großväter und Urgroßväter kämpften, für Nation und Rasse. Und natürlich werden dann die einen oder anderen Banditen der Vergangenheit zu leuchtenden Vorbildern für die Zukunft.

2. Die rechtsextremen Jugendkulturen
Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Hooligans vieler Länder sind gerne und jederzeit bereit, ihre manchmal jahrzehntelange Erfahrung im Straßenkampf in die Dienste einer Sache zu stellen. Fußballfans sind mittlerweile feste Bestandteile von Protestbewegungen, ab dem Zeitpunkt ab dem Gewalt eine Rolle spielt: Ob in Ägypten 2011, in der Türkei 2013 oder der Ukraine 2014, oder auch schon beim Beginn der jugoslawische Bürgerkriege in den 1990er Jahren. Nicht immer stehen sie auf Seiten der Faschisten! In der Ukraine, wo die Fanszene aber schon länger stark rechtsorientiert ist (wie fast überall in Osteuropa), jedoch weitestgehend schon. National aufgeladene Popmusiken und Mode tragen ihres zur Ethnisierung bei (übrigens auch in Österreich gerade sehr schön zu beobachten).

3. Die „neutralen“ ExpertInnen und JournalistInnen
Wenn die EU, die NATO oder die Konrad-Adenauer-Stiftung (oder umgekehrt russische Institutionen) die Wissenschaft fördern, dann möchten sie auch umgekehrt von der Wissenschaft gefördert werden. Und ein nicht unbeträchtlicher Teil der Geisteswelt, auch einige meiner KollegInnen RechtsextremismusexpertInnen, macht sich gern und jederzeit zur willfährigen Propagandaeinheit der ökonomischen und strategischen Interessen von diesem oder jenen Geldgeber. Ob aus Überzeugung, aus Loyalität oder gegen Cash spielt keine Rolle. Schwarz/Weiß-Denken ist Grundlage, aber die höchste Stufe des ExpertInnentums erreicht man erst durch eine „Verhitlerung“ des Gegners. Gleichzeitig sollen bedenkliche Elemente der eigenen Fraktion verniedlicht oder geleugnet werden. Faschisten sind immer die anderen. Oder die Faschisten „meiner“ Fraktion gibt’s ja nur wegen der Faschisten der anderen Fraktion („Das braune Huhn hat ein braunes Ei gelegt.“ „ Nein, aus dem braunen Ei ist ein braunes Huhn geschlüpft“).

4. Die bedrohten Brüder
Selbst Machthaber, denen man ansonsten wenig Sorge um das Wohlergehen „ihres“ Volkes nachsagen kann, werden zu echten Tigern, wenn dieses durch Dritte mutmaßlich drangsaliert wird, zumindest wenn es einem gerade in den strategischen Kram passt.

5. Die lokalen Machthaber
Ein Regimewechsel schafft viele Verlierer. Die alten Eliten der Regionen haben nun die Möglichkeit sich (mit Hilfe der in 1 – 4 beschriebenen) samt ihrer Region von den neuen, „illegitimen“ Machthabern abzuspalten. Das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“, dass nach dem Ersten Weltkrieg vom amerikanischen Präsidenten Wilson popularisiert wurde, um die sozialen Kämpfe zu schwächen (und dem trotzdem auch manche Linke gern auf den Leim gehen), ist hier die Trumpfkarte. Das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ dient in erster Linie dazu, andere Staaten zu destabilisieren, um den eigenen Herrschaftsbereich zu erweitern.

6. Die Verschwörungstheoretiker
Für sie ist alles von langer Hand geplant und inszeniert, meist natürlich vom Ursprung des Bösen, den USA oder der EU. Insbesondere letzterer könnte man aber höchstens vorwerfen, außenpolitisch überhaupt nichts zu planen, außer es gibt einen geheimen Plan, sich selbst möglichst viele Probleme zu schaffen. Die Verschwörungstheoretiker sind nützlich, um von den real existierenden Ungerechtigkeiten und Machtspielchen abzulenken.

Fazit
All diese Gestalten werken in und um die Ukraine. Ein – gemeinsames – Ziel haben sie schon erreicht: Linke spielen keine Rolle in diesem Konflikt. Die Enteignung aller Oligarchen, wie man Wirtschaftskriminelle in der Gegend nennt, wäre das am Naheliegendste; doch kein Hahn, ob pro-russisch oder pro-westlich kräht danach, und wenn doch wird ihm schnell der Hals umgedreht. Das Spiel mit den Nationalismen ist freilich ein Spiel mit dem Feuer. Dass muss aber nicht zwangsläufig zum Großbrand führen. Schließlich hätte ein längerer Krieg in der Ukraine verheerende Auswirkungen auf die EU und Russland. Gerne scheint man jedoch von beiden Seiten dieses Risiko in Kauf zu nehmen, so lange nur ja niemand ernsthaft die Eigentumsverhältnisse in Frage stellt.

Rechtsextreme gegen Rechtsextreme in Ried

In Ried im Innkreis vergiften türkische und österreichische Faschisten die Stimmung. Gemeinsam treibt man die Spaltung der Bevölkerung voran.

Meine Stadt Ried

nennt sich ein Rap-Track von „Chiko featuring Ibo“. Einerseits erschöpft es sich im genretypischer Rumgepose mit Waffen, Homies und Autos (Frauen waren wohl nicht aufzutreiben) zu beinahe Mitleid erregend schlecht vorgetragenen Reimen. Zum anderen zeigt es eine klar türkisch-rechtsextreme Symbolik: Pullover der „Ülkücü genclik“ („Idealistischen Jugend“) werden gezeigt, die Fahne der faschistischen MHP geschwenkt und als Grauer Wolfs-Darsteller muss ein Huskey herhalten. Hier wird jugendliches Imponiergehabe mit der Symbolwelt einer faschistischen Ideologie kombiniert.

Und die „Grauen Wölfe“ sind ein durchaus reale Faktor in Ried: Schon seit einigen Jahren sind sie hier aktiv. Konzerte mit rechten Barden, etwa in der örtlichen Bauernmarktmarkthalle, ziehen hunderte BesucherInnen an, seit Ende 2013 verfügt der „Hilal Ried Sport- und Kulturverein Halbmond“ über ein eigenes Lokal, wo man unter andren schon Politprominenz aus der Türkei (MHP) oder den Präsidenten der „Avusturya Turk Federasyvon“, des Dachverbandes der türkischen Rechtsextremen, begrüßen konnte. Der Verein scheint straff organisiert. Neben den üblichen Funktionären gibt es „Religionsbeauftragte“ und für die nicht selten in besagten schwarzen Pullis uniformiert auftretende Jugend „Disziplinbeauftragte“.
chiko
Nun könnte man meinen, ein paar rechte Spinner mehr oder weniger würden in Ried, wo die FPÖ sich jährlich jeden Aschermittwoch in alkoholgeschwängerten braunen Tiefpunkten suhlt, nicht sonderlich auffallen, aber halt! Es sind ja keine Germano- oder Austronazis die hier auftreten, sondern die Jungs von der Konkurrenz, und das darf natürlich nicht unbeantwortet bleiben.

Unsere Stadt Ried

nennt sich die Antwort in Form einer facebook-Seite. Motto: „Ried den Riedern“. Innerhalb eines (!) Tages drückten über 2700 Menschen hier auf „gefällt mir“. Derb völkisch und rassistisch geht’s hier mitunter zur Sache; am Titelbild wird der Text eines „Frei.Wild“-Songs („Wahre Werte“) zitiert. Der Grundtenor der Pöbel-Seite lässt sich mit „Türken raus“ zusammenfassen.
Der Initiator ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ein alter Bekannter aus der Neonaziszene: Robert Faller, einst Führer der „Nationale Volkspartei“, heute Geschäftsführer eines lokalen Saufschuppens mit Namen „Whiskeymühle“. Dort hat er noch ein Hinterzimmer namens „Bierinsel“, Sitz seines neuen Vereins „Gegen Gewalt“. Oder „Gegengewalt“, so genau weiß man das nicht, und im Vereinsregister ist nichts zu finden. Der Verein kämpft also gegen „Migratengewalt“ (!) und „Kinderschänder“. Auf facebook wird widerwärtigst gehetzt. So berichtet man über eine „dramatische Zunahme an Massenvergewaltigungen europäischer Mädchen“ durch Muslime.
Besonders tief – selbst für Faller´sche Verhältnisse – eine Todesanzeige für eine 12-jährige, die in Bayern ermordet wurde. Dass es sich beim mutmaßlichen Täter um einen Gesinnungsgenossen Fallers aus der rechtsextremen Szene handelt wird selbstredend verschwiegen. Vielmehr vermutete man einen türkischen Mörder, was zu Kommentaren wie „Wen das mein Kind ist, schlachte Ich diese Kanackensau selber ab!“ (user „Hanspeter Koch“; Rechtschreibung im Original) führte.

„Hass ist eine menschliche Emotion scharfer und anhaltender Antipathie“ (1) – aber hier gehts um Musik ;)

„Drunten vor der Haustür steht a B’soffener
Und i hör wie der „Heil Hitler“ schreit
Aufsteh, anziagn, owegehn, in d‘ Goschn haun
Des is alles was i machen möcht
A wann des nix ändert, mir hilft’s wenigstens
Weil mir is vor Wut im Bauch ganz schlecht“

So beschrieb Georg Danzer im „Alten Wessely“ seinen Zugang zu Alt- und Neonazis. Als eine zentrale Figur der Friedensbewegung der 1980er schadete ihm solch Liedgut keineswegs. Den PazifistInnen und Proto-Grünen jener Zeit schien klar, dass zum Weltfrieden auch die Bekämpfung seiner Gegner gehört. Dass man auch mal wütend sein darf und etwas macht, dass vielleicht nicht besonders klug ist, aber halt in diesem Moment doch angebracht: Wie jemanden „in die Goschen zu hauen“, weil der „Heil Hitler!“ schreit.
Auch Woody Guthrie, US-amerikanische Folk-Ikone, Schöpfer u. a. von „This Land is your Land“, der inoffiziellen Nationalhymne der USA, hatte eine nicht ganz so friedliebende Botschaft als Inschrift auf seiner Gitarre: This Machine kills Fascists.
This_Machine_Kills_Fascists
In der heutigen Zeit der political correctness und des Massenkonsums von Psychopharmaka ist das schon ein bisserl anders. Allein das Eingeständnis von Hass – selbst auf Rechtsextreme – gilt als verwerflich. Ein Liedzitat auf einem Transpi bringt die (ehemalige Musikerin) Glawischnig (Lieblingslied „Feelin`good“ von Michael Buble… ) soweit, ihrer eigener Jugendorganisation mit Rauswurf zu drohen. Dabei ist „Scheiß-Rassisten“ von Quetschenpaua ein wunderbares Lied in bester Folk-Tradition. Geschrieben voll Wut nach mehreren Morden von Neonazis, ist es natürlich zeilenweise etwas plakativ. Aber es enthält auch gegen Ende eine Passage, die schon vieles ausdrückt, was man zum Thema Antifaschismus & Gewalt bedenken muss:

„Dabei gilt es auch darauf zu achten
Und ich hoff dass das noch so viele kapieren
Dass wir nicht so skrupellos werden wie diese Nazis
Oder die, die uns regieren.“

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Hass

Hip Hop und Judenhass

Leider kein Einzelfall sind die beiden in Graz wegen Verhetzung verurteilten Rapper Yasser & Osman. Antisemitismus hat Tradition in Teilen der Szene
„An alle Brüder“ heißt der Track, der den beiden Grazern fast 150 000 Klicks auf youtube, jede Menge Presse und schlussendlich eine nicht rechtskräftige Verurteilung zu bedingten Haftstrafen wegen „Verhetzung, Aufforderung zu terroristischen und strafbaren Handlungen“ einbrachte. Beachtenswert ist der internationalistische Antisemitismus, den nicht nur die beiden, sondern ein nicht kleines Umfeld von UnterstützerInnen zum Ausdruck bringen. Die Marginalisierten und die, die es noch werden wollen, haben die jüdische Weltverschwörung als Ursache ihres Elends ausgemacht. Eine bunte Mischung aus Vulgär-Islam und Vulgär-Sozialismus, aus der Pseudo-Religiösität mutmaßlich geläuterter Kleinkrimineller, Machismus und Ghettosolidarität wird via Hip Hop zum Ausdruck gebracht.
Hip Hop ist die Sprache der Verdammten dieser Erde. Wut einerseits, Überheblichkeit anderseits lassen sich nirgendwo sonst besser (und in der Herstellung billiger) ausdrücken. In allen Ghettos dieser Erde hat sich dieser Stil etabliert. Und wenn sich Menschen ohne historische Bildung politischer Themen annehmen kommt manchmal Grausames heraus. Die Weltbilder eines Teils der Szene haben sie sich aus familiär tradierten Antisemitismus und Weltverschwörungstheorien aus dem Internet zusammengereimt. Was sie dann zusammen reimen gibt dies wieder:
Schon die Gründerväter des Stils, die Ende der 1960er entstandenen Last Poets, verstiegen sich in ihrer weiteren Geschichte bald vom linken Antirassismus in die Abgründe von Islamismus, Frauenhass und Antisemitismus. Homosexuelle sahen sie als Protagonisten „westlicher Dekadenz“, Feministinnen wollten „doch bloß Lesbierinnen sein“ . Konsequente Vertreter eines solchen Weltbildes waren auch die Public Enemy, die in den 1980ern wesentlich den Siegeszug des Hip Hop anschoben, insbesondere durch Zusammenarbeiten mit unter weißen Middleclass-Kids populären Bands wie den Vorzeigelinken Rage against the Machine. „There’s no place for gays. When God destroyed Sodom and Gomorrah, it was for that sort of behaviour“ oder „If the Palestinians took up arms, went into Israel and killed all the Jews, it’d be alright“ verlautbarte Frontmann Professor Griff.
yasserbilde
Durchaus interessant ist das Auftauchen des Antisemitismus in völlig unterschiedlichen Hip Hop-Welten. El General schuf mit „Rayis li Blad“ die Hymne zum Aufstand gegen den tunesischen Diktator Ben Ali. Der „Rapper, der Ben Ali Angst einjagte“, wie ihn die TAZ bejubelte, widmet seine Reime in erster Linie gegen Israel, das er für alles Unrecht der arabischen Welt verantwortlich wähnt. Der syrische Diktator Assad setzt antisemitische Rapper zur Aufstandsbekämpfung ein . Auf Seiten der Aufständischen kämpft – längst nicht mehr nur mit Worten – der Berliner Denis Cuspert, der einst als Gangster-Rapper Deso Dogg populär war.
Antisemitismus ist im deutschen Gangster-Rap fast Konsens und äußert sich vielfältig: Etwa in Kool Savas` 9/11-Verschwörungstheorien, in Haftbefehls Gelabere von den „Juden von der Börse“ und dessen sowie Integrationspreisträger Bushidos Israel-Vernichtungsphantasien.
Freilich sind geschlossene extremistische Weltbilder insbesondere im Gangster- und „Geläuterter Gangster“-Rap ebenso die Ausnahme wie einzelne gruppenbezogene Menschenfeindlichkeiten die Regel. Die antifaschistischen und demokratischen Kräfte sollten langsam mal kapieren, dass die Bekämpfung letzterer insbesondere in der Popkultur aktiv angegangen werden muss. An alle Brüder, Schwestern, Onkel und Cousinen: Antisemitismus, Homophobie und Sexismus verunmöglichen jegliche gesellschaftliche Solidarität und Weiterentwicklung. Gestalten wie Yasser & Osman sind nur nützliche Idioten für Islam-Hasser.

Parlamentarische Anfrage zu „Objekt 21“ und Kameraden in Deutschland

Während die oberösterreichische PolitikerInnen in Sachen antifaschistischer Aktivitäten in ihren üblichen Dornröschenschlaf entschlummert sind, nimmt zumindest die deutsche Partei „Die Linke“ die Sache ernst. Heute – 5. November 2013 – wird eine parlamentarische Anfrage zu den grenzüberschreitenden Naziaktivitäten eingebracht. Mit der deutschen Bundestagsabgeordnete Martina Renner, die im Gegensatz zu ihren heimischen BerufskollegInnen den Weg zu „Objekt 21“ – Prozess nach Wels fand, sprach ich ebenda.

renner

Was gibt es für Verbindungen von Objekt 21 nach Deutschland?

Wenn man sich die Neonazis ansieht, die auf bundesdeutscher Seite zum Netzwerk des O21 gehören, dann fällt auf, dass diese überwiegend aus den Strukturen von Blood&Honour, insbesondere entsprechender Bands und deren Umfeld gehören bzw. aus dem Bereich der extrem nazistischen völkischen Organisationen wie der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Enge Verbindungen zwischen Neonazis aus Thüringen zu den braunen Granden in Österreich wie Helmut Schweiger sind ebenfalls belegt. Die Kontakte zwischen den Gruppierungen und Personen gehen zurück bis auf die frühen 2000er Jahre. Regelmäßig waren österreichische Neonazis zu Gast bei rechtsextremen Konzerten und braunen Festivals, wie dem „Thüringentag der nationalen Jugend“. Im Gegenzug zog es Thüringer Neonazis nach Österreich. Es drängt sich nach der Aussage des Belastungszeugen P. der Eindruck auf, dass insbesondere Neonazis, die in Deutschland durch schwere Körperverletzungsdelikte aufgefallen waren bzw. sogar entsprechende Haftstrafen verbüßten gezielt für das Objekt 21 „geworben“ wurden. Zu fragen ist nun, wie groß ist das Netzwerk, welche Aktivitäten hat es auf bundesdeutscher Seite durchgeführt, insbesondere gibt es hier auch Verbindungen in den Bereich der Organisierten Kriminalität und welche Gefährdung geht durch diese Personen und Hintermänner aus.

Wie schätzen sie die Arbeit der oberösterreichischen Behörden ein?

Im Prozess hatte man schon ein Deja vu. Die Unbedarftheit mit der Polizei wohl jahrelang dem Treiben zugesehen hat bzw. den neonazistischen Kontext ausblendete, erinnerte schon fatal an Ermittlungspannen der bundesdeutschen Behörden in den Anfangsjahren des NSU. Bezeichnend ist auch, dass erst von außen der Druck derart hoch angesetzt werden musste, durch die Veröffentlichung von Bildern aus dem Objekt 21, dass entsprechende Strafverfolgungsmaßnahmen gezielt in Gang gesetzt wurden. Wichtig ist dafür zu sorgen, dass die Diskussion um diese Strukturen nicht trennt zwischen hier Organisierte Kriminalität und da Naziterror. Eines muss klar sein, das sind zwei Seiten einer Strategie. Nämlich ein autonomes Netzwerk zu schaffen, dass genügend Geld verfügt Neonazis zu binden, aber auch Waffen etc. zu besorgen.

Mehr Infos und die Anfrage gibts in Kürze auf: http://www.martinarenner.de

Road Crew: Die „unpolitischen“ Neonazis

Neue subkulturelle Trends und Organisationsformen deutscher Rechtsextremer finden heute meist schnell ihre Entsprechungen in Oberösterreich. Die Szene ist über die Staatsgrenze hinweg gut vernetzt. Neonazis aus Oberösterreich besuchen ihre Kameraden regelmäßig, gehen mit ihnen auf einschlägige Konzerte oder zum Fußball. Mit der „Road Crew“ ist nun eine neue Form rechtsextremer Männerbündelei auch in Österreich angekommen. Führend dabei sind Neonazis aus Wels und dem Mühlviertel.

Road Crew 24

Die Gruppierung Road Crew 24 entstand an sich als Fanclub der rechten deutschen Skinhead-Band „Barking Dogs“, wobei die 24 für den zweiten und vierten Buchstaben des Alphabets steht, also den Initialen der Band. Nachdem sich die Barking Dogs 2008 auflösten, bestand die Road Crew weiter als eine Art – offiziell unpolitischer – Freizeitverein verschiedener Leute aus der rechtsextremen Skinhead- und Hooliganszene. Von Düsseldorf aus gründete man weitere „Chapter“, zuerst in Bochum, Bielefeld, Mönchengladbach und Stuttgart.[1] Der Begriff „Chapter“ bedeutet hier in etwa „Ortsgruppe“. Er  entstammt dem Rockermillieu, welchem man auch die Organisationsstruktur weitgehend übernommen hat. So setzt man nicht darauf eine breite Masse an Mitgliedern zu rekrutieren, sondern versucht eher ältere, gefestigtere Szenegänger anzusprechen, die ihre Loyalität bereits unter Beweis gestellt haben. Eine neonazistische Einstellung ist dabei kein Muss, aber sicherlich auch kein Hindernis. Die eigenen Veranstaltungen – Feste, Konzerte, Hobbyfußballturniere – werden konspirativ organisiert, die Orte sind nur einem kleinen Kreis an Eingeweihten vorab bekannt, der Rest wird per facebook bzw. SMS erst am Tag des Geschehens informiert.

Road Crew Oberösterreich

Während die Road Crew-Chapter in Deutschland recht bunte Mischungen unpolitischer und rechtsextremer Männerbündler darstellen, dominieren im Anfang 2012 gegründeten Oberösterreich-Chapter Neonazis. Die namentlich bekannten Mitglieder sind Stammbewohner des heimischen braunen Sumpfes: Aus Wels Markus S., altgedienter Anhänger der Nazi-Skinhead-Organisation „Blood and Honour“, verhinderter Kandidat der verbotenen Neonazi-Liste „Die Bunten“ und ehemaliger Aktivist des rechtsextremen „Rapid Club Wels“. Diesem entstammt auch ein weiteres Road Crew-Mitglied, Klaus St., sowie Jungnazi Julian E. aus Weißkirchen bei Wels. Aus dem rechtsextremen Hooligan-Millieu von Blau Weiß Linz stießen Stefan G., Michael N. und Harald A. hinzu, und auch zumindest ein Aktivist der Braunauer Nazi-Szene, Thomas K. ist mit von der Partie. Die via  facebook von deutschen Road Crew-Aktiven ausgegebenen Drohung „Wer zu sehr prahlt und sich der Öffentlichkeit preis gibt, wird schnell am Galgen hängen!“ wird von den Oberösterreichern nicht recht ernst genommen. Dutzende Fotos von Treffen der österreichischen und deutschen Mitglieder wurden veröffentlicht, wohl um Eindruck innerhalb der Szene zu schinden und die Position der RC in Österreich herauszuheben. Im Sommer 2013 wurde schließlich ein „Supporter“-Capter in der Steiermark gegründet, auch ein Italien-Chapter existiert zumindest auf dem Papier.

rcartikel

Der Organisationsansatz der Road Crew bietet eine Reihe von Vorteilen für die Aktiven. In Zeiten der Politikverdrossenheit, auch bei Menschen mit rechtsextremer Einstellung, wirkt der Freizeitbund anziehend, mit seiner wachsenden Anzahl an Ortsgruppen auch mächtig. Ein behördlicher Verfolgungsdruck besteht nicht, ebenso wenig lästige Verpflichtungen wie Flugblätter verteilen oder dergleichen. Trotzdem kann man sich als Gruppe von Verfolgten und Missverstandenen inszenieren, die nur durch unbedingten Zusammenhalt in einer ach so feindlichen Umwelt bestehen kann.

rcsteiermark


[1] http://www.publikative.org/2011/12/21/unpolitischer-freizeitverein-der-barking-dogs-fanclub-road-crew-24/

Viel Arbeit für den Teufel

strachelike

 

Satan und der Prophet: Der mit jüdischen Symbolen bestückte Satan im Ringen mit den Propheten. Gefunden auf einer Seite der „Avusturya Ülkücü Genclik“, die den rechtsextremen türkischen „Grauen Wölfen“ nahe steht.

 

strachvssatan

 

Satan und der Führer: Kursiert in FPÖ-nahen facebook-Gruppen. Kindisch-autoritäre Denkmuster gleichen sich auch in ihrer optischen Aufbereitung, Interessant wäre nur: Wer hat wohl von wem geklaut?

Zu guter Letzt steigt noch Gottes Sohn in den Ring:

satanvs.jesus

 

Eingedenk dieser Gegnerschar bekommt man ja schon fast „Sympathy for the Devil“…