Das „Profil“ hat mir das Abo gekündigt…

An die 20 Jahre hatte ich das „Profil“ abonniert. Es kam regelmäßig, früher Montags, später Sonntags, immer an die gleiche Adresse. Nicht nur einmal hab ich drüber nachgedacht, das Abo zu kündigen, es gab ja Gründe: Ein paar selbstgefällige, langweilige ältere Herren, himmelschreiende Recherchefehler (wenns um OÖ ging wars oft besonders schmerzhaft), Rosemarie Schwaiger… aber letzten Ende überwog das Positive, und auch schlicht die Gewohnheit des ausgiebigen Sonntagsfrühstücks mit Zeitung.
Schließlich war es umgekehrt. Das „Profil“ hat mir das Abo gekündigt. Ohne Angabe von Gründen.

Sonntag, 11. September kam es zum ersten Mal nicht. Egal, kann passieren. Am folgenden Sonntag wieder nicht. Ich schreibe ans Aboservice: Antwort: Sorry, wir senden ihnen die aktuelle Ausgabe per Post und schreiben ihnen die erste versäumte gut. Gut, so ist es geschehen. Am dritten Sonntag aber wieder kein „Profil“ – ich maile wieder. Auch am vierten und fünften nicht. Das sporadisch und anonym zurück mailende „Aboservice“ gelobt Besserung. Nach dem sechsten Sonntag ohne Zeitung, am 16. Oktober, platzt mir der Kragen, ich kündige und verlange mein Geld zurück:

Liebe „Abo“-Abteilung,
das „Profil“ wurde mir heute das sechste Mal in Folge nicht zugestellt. Ich muss sagen, ihre Unfähigkeit und Ignoranz ringt mir fast Respekt ab. Auch verstehe ich nun dieses „Zeitungssterben“ besser. Nichtsdestotrotz kündige ich hiermit mein Abo und ersuche um sofortige Rücküberweisung des erstatteten Betrages.

Dann fühle ich mich erstmals ernstgenommen:

Wir können nur erneut um Entschuldigung bitten. Die Zustellungsüberprüfung ist seit dem 10.10.2016 bei dem Gebietsbetreuer unseres Zustellpartners und wir warten noch auf Antwort. Wir bitten Sie uns dieses Wochenende noch eine Chance zu geben, Profil zuzustellen.

Ich bin ein bisschen gerührt einerseits, und da christlich erzogen, ist klar, ich gebe ihnen noch eine Chance. Andererseits überfällt mich nackte Wut, wenn ich dran denke, dass man erst 1 Monat nach meiner ersten Beschwerde eine „Zustellungsüberprüfung“ veranlasst hat. Das darf doch nicht wahr sein. Ich stelle mir die Clowns in der Abo-Abteilung vor, wie sie sich bei jedem neuen Mail von mir vor Lachen die Bäuche halten. Und dann kommt das Wochenende, der große Showdown. Mittlerweile fiebern Nachbarn, Familie, facebook-FreundInnen mit, wenn ich am Sonntagmorgen den Briefkasten öffne. Und er ist leer, zum siebten Mal. Sie haben es wieder getan! Wieder nicht getan!

Alte "Profile" in meinem Keller - schwacher Trost

Alte „Profile“ in meinem Keller – schwacher Trost

Ich beschwere mich ein letztes Mal. Das war vor 8 Tagen. Bis dato keine Antwort, keine Rückerstattung meines Geldes und gestern – fast überflüssig zu erwähnen – zum achten Mal keine Zeitung.
Warum ich das niederschreibe? Naja, ein bisschen aus Wut über die verschwendete Zeit (das Geld hol ich mir schon noch, und wenn es mein Anwalt machen muss). Und auch als kleine Anregung zum Thema „Zeitungssterben“: denn dabei scheint mir neben „höherer Gewalt“ (in Form von Digitalisierung etc.) auch schlicht menschliches Versagen eine Rolle zu spielen.

Großveranstaltung der „Grauen Wölfe“ in Linz

Im Oktober wird es in Linz gleich zwei Großveranstaltungen der rechtsextremen Szene geben. Am 29. Oktober treffen sich die „Verteidiger Europas“, ein buntes Sammelsurium aus FPÖlern, Islam-Hassern und Verschwörungstheoretikern (siehe z. B. hier).

Schon drei Wochen vorher laden die türkischen „Grauen Wölfe“ in Gestalt ihres Linzer Ablegers „Avrasya“ zu einem „Grillfest“ bzw. „Herbstfest“ („Sonbahar Şenliği“). Geplant ist die Veranstaltung gleich dreitägig, von 7. bis 9. Oktober 2016. Als Ort wird auf den Plakaten nur die Adresse Franckstraße 6 – 8 angegeben. Dort residierte u. a. die EC Logistics Gmbh (ein ÖBB-Tochterunternehmen). Neben kulinarischen und sonstigen Genüssen der harmloseren Art wird natürlich die rechtsextreme Propaganda hier nicht zu kurz kommen, dafür sorgen die angekündigten Auftritte der holländischen Musiker Gökhan Tekin und Ali Karagöz sowie des Fahnenschwingers Can Türkoğlu – alles bekennende „Graue Wölfe“. Gäste haben sich mittlerweile aus ganz Österreich angekündigt.

„Avrasya“ stand dieses Jahr schon mehrmals in der Kritik. Im März hatte sich ein Vorstandsmitglied des Vereins beim rumalbern bzw. Zeigen des „Wolfsgrußes“ in der Gedenkstätte Mauthausen gezeigt (siehe hier). Im Juni wurde eine angemeldete kurdische Kundgebung am Hauptplatz angegriffen, eine junge Frau niedergeschlagen (siehe hier).

Oberösterreich muss sich wieder mal fragen, warum die rechtsextremen Szenen gerade hier so aktiv sind – und was man dagegen tun könnte. Die „Kopf-in-den-Sand“-Taktik der Landespolitik hat bis dato jedenfalls nur den Faschisten genutzt.

Veranstaltungsankündigungen auf Facebook:

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In kurdischen Kreisen

Die Konflikte in der Türkei und Syrien bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die KurdInnen in Oberösterreich. Thomas Rammerstorfer über eine Gesellschaft zwischen Kultur und Kampf.

Früher oder später endet fast jeder Abend mit KurdInnen – ob Geburtstagsfeier, JournalistInnengespräch oder politische Demonstration – im kurdischen Kreistanz, dem Govend. Weiter gehts in der neuen KUPF-Zeitung!

Şingal und der IS: Der jihadistische Genozid an den Êzîdî und die Folgen

Schwerpunktthema der neuen LeEZa-Nachrichten, Ausgabe 12

P1030413

Aus dem Inhalt:

– Editorial (Mary Kreutzer)
– Eindrücke vom Frauenzentrum Kolishina in Amûdê (Rojava/Syrien)
– Vom mörderischen Hass auf den Engel Pfau. Die Verfolgung der Êzîdî (Thomas Rammerstorfer)
– Angst und Rivalität. Êzîdîsches Leben und Organisationen in Sinjar/Şingal (Thomas Schmidinger)
– Bring back our Girls from IS. Die versklavten êzîdîschen Frauen (Soma Ahmad)
– Êzîdîsche Selbstorganisation in Österreich (Soma Ahmad/Kiymet Ceviz)
– „Wenn ein Kind sein Herz öffnet, öffnet es auch sein Hirn.“ Interview mit einer Lehrerin über Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit und die Situation geflüchteter Kinder (Ines Garnitschnig)
– „Wir haben eine jahrtausendealte Kultur. Wir wollen nicht dafür bekannt werden, dass unsere Frauen auf Märkten verkauft werden.“ Ein Gespräch über die aktuelle Situation der Êzîdî und Perspektiven für die Zukunft (Ines Garnitschnig)
– Abschottung und Wertewahn. Der österreichische Weg der Des-Integration von geflüchteten Menschen (Alicia Allgäuer)
– Rezensionen und Kurzmeldungen

Kostenlos bestellen bei info@leeza.at

LeEZA wird „lisa“ ausgesprochen und bedeutet: Liga für emanzipatorische Entwicklungszusammenarbeit. Die Organisation LeEZA unterstützt v.a. Projekte mit und für Frauen in Syrien, im Irak und in der Türkei, ist aber auch in Europa für die Rechte von Asylwerber_innen und in der Informationsarbeit über den Irak, Iran, Türkei, Syrien, den Sudan und andere Staaten der Region aktiv.

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Spendenkonto:
LeEZA
Kontonummer 6.955.355
BLZ: 32.000 Raiffeisen Landesbank NÖ
IBAN: AT4432 0000 0006 955355
BIC (SWIFT): RLNWATWW

29. 9. 2016: „Weltverschwörungstheorien“ in Klagenfurt

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Mit:Thomas Rammerstorfer und Daniel Kulla

“A lie gets halfway around the world before the truth has a chance to get its pants on.” – Mark Twain / Winston Churchill / Yoda

Alles nur von außerirdischen Freimaurern gesteuerte Lügenpresse?

Durch verschiedene Entwicklungen – Finanzkrisen und deren oskurantische DeuterInnen, die Friedenmahnwachen-Bewegung und die PEGIDA – ist das Thema Verschwörungstheorien in letzter Zeit wieder aktueller geworden.

Um Licht in die Sache zu bringen, setzen sich die beiden Journalisten Thomas Rammerstorfer und Daniel Kulla sich auf unterschiedliche Weise mit Ver- und Entschwörungstheorien auseinander.

Also Aluhüte auf und ab zu einem vergnüglichen Abend!

Und vergesst nicht:

“Don’t believe everything you read on the internet because there’s a picture with a quote next to it.” – Abraham Lincoln / Albert Einstein / Leonardo da Vinci

Eintritt frei!

Eine Veranstaltung der Grünen Bildungswerkstatt Kärnten

Donnerstag, 29. September 18:30 – 20:00
Volxhaus – Klagenfurt
Südbahngürtel 24, 9020 Klagenfurt am Wörthersee

29. 8. 2016: Wohin geht die Türkei?

Inputs und Diskussion im Rahmen des Forums der Welser Initiative gegen Faschismus

Montag, 29. August 2016, 19 Uhr, Cafe Nöfas, Schubertstr. 8/Wels

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Inputs:
„Die Politik der AKP“ von Katharina Gusenleitner
„Vereine mit Türkei-Bezug in Österreich“ von Thomas Rammerstorfer

anschließend Diskussion

Katharina Gusenleitner ist Juristin und verfasste eine Masterarbeit im MBA-Studium zur Wirtschaftspolitik der AKP.

Thomas Rammerstorfer referiert und schreibt zu extremistischen Tendenzen u. a. in migrantischen Communities (Co-Autor des Buches „Grauer Wolf im Schafspelz“, 2012).

Beide sind Vorstandsmitglieder der Welser Initiative gegen Faschismus.

Have Fun. Ein Gespräch mit Börni Kreindl

Seit den späten 1980ern ist Bernhard „Börni“ Kreindl einer der umtriebigsten Musiker aus der Welser Gegend, in Hard Core-, Metal-, Rock-, Jazz-, Electro- und Improvisationsprojekten… es war an der Zeit mal mit ihm über sein bisheriges Wirken zu quatschen.

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Das erste was mir natürlich einfällt zu dir ist das Ostbahn-Kurti-Konzert am 4. November 1989 im Alten Schlachthof. Cheetah mit dir an der Gitarre haben als Vorband gespielt… magst du was zu dazu erzählen…

Ja, ich war 18 – jetzt bin ich 46, also kannst du dir ausrechnen wann es war – da hat mich der Stefan Hattinger gefragt ob ich bei ihm Rhythmus-Gitarre spielen will. Der war ein Checker, der Hattinger, macht auch heute noch im Musik-Business. Wir hatten eine Sängerin – Ulli Mhesz, einen Schlagzeuger, einen Bassisten… einen Solo-Gitarristen haben wir ewig gesucht, da haben wir dann den Edi Grinninger aus der Eferdinger Gegend gefunden, der hat schon super gefidelt damals. Am Schlagzeug Tom Machold. Ich hab die meisten Nummern geschrieben und dann sind wir schon zu fünft losgefahren, von Wels bis Wien. Das war 1988. Kurz zuvor bin ich wieder nach Wels gekommen, vorher war ich 4 Jahre in Niederösterreich, ich habe Uhrmacher gelernt. Zurück in Wels hab ich den Hattinger im damaligen Pikanta, dem späteren Ovilaba kennengelernt und so sind wir zur gemeinsamen Band gekommen. Waren zwei schöne Jahre, wo wir fast jeden Tag zusammen waren und Riffs geschrieben haben. Ich hab das Grobe gemacht und er hats dann verfeinert.

Kannst du dich noch an das Konzert ´89 im Schlachthof erinnern?

Sicher, ich bin ja noch nicht ganz weich.

Naja, aber du hast viele Konzerte gegeben… war Cheetah deine erste Band?

Stimmt, an alle Konzerte kann ich mich nicht mehr erinnern (lacht), da magst du recht haben. Nein, wir hatten schon in der Schule eine Band mit vielen Auftritten. Eine Coverband, alles von Beatles bis Stones.

Mit der Ulli Mehsz hast du später auch noch zusammengearbeitet.

Ja, die ist auch eine Welserin, die wohnt heute noch in Wels. Im Jahr 2000 hat sie mich gefragt ob ich mit ihr noch mal eine Band mache. Da haben wir die Ulli Mhesz Band gegründet, und auch eine CD und eine Video gemacht, das heißt „Ich will sein“, gibt’s alles auf youtube. Haben wir auf der Schaunburg gedreht. Es folgten Konzerte, war eine schöne Zeit mit super Musikern, zu sechst, zwei Keyboarder, Bass, Gitarre und die Ulli. Der Peter Guschlbauer aus Linz war Produzent, der hat auch das Video gemacht, das hat uns 10 000 Schilling gekostet, das war nicht viel.

Gibt’s von Cheetah selbst auch noch Aufnahmen?

Es gab ein Demo-Band mit sechs Nummern. Das haben wir beim Edi Grinninger im Wohnzimmer aufgenommen, da haben wir grad reingepasst, und nebenan im Schlafzimmer standen die Mischpulte, da hat er uns aufgenommen. Eigenproduktion. Ich hab das leider nicht mehr. Ich hab mein letztes einen depressiven Menschen geborgt und der hat sich leider vor den Zug gehaut. Es gibt eine Nummer auf einem Sampler, „Live in Wels“. Gespielt haben wir quer durch Österreich, bei Stadtfesten, in Wien, einige Male im Schlachthof in Wels.

Mein erster Tonträger von dir war von den Sexual Spastics, ein Tape, ich glaube live im Kraftwerk…

Ja, die Spastics. Mit Cheetah wars halt nach zwei Jahren aus, die Ulli hat sich umorientiert. Schade, war eine super Sache. Die Sexual Spastics sind gleichzeitig schon gelaufen, ich hab ja zeitweise in fünf Bands gespielt. Da bist du halt jeden Tag entweder im Proberaum gewesen oder hast ein Konzert gespielt, das war lässig. Ich hab ja gern immer Leute um mich, das taugt mir. Ich bin halt ein Gesellschaftstier, und da war halt jeden Tag Action.

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Foto: Die 1980er

Wer war bei den Sexual Spastics noch dabei?

Vratny Peter, Lipps Harry, Haslinger Stefan. Hard Core war damals in Oberösterreich eine Riesensache, wir waren da zum richtigen Zeitpunkt dran. Da waren ein paar Riffs dabei Richtung Fugazi, ein bisschen Crossover, Metal, das ist schon gefahren. Im Flex in Wien haben wir mal an einem Mittwoch gespielt, ganz alleine, waren auch 200 Leute da. Das war noch im alten Flex, das war saugeil, so abgefuckte Buden mag ich, das ist mir viel lieber als was nobles. Vom Konzert im Kraftwerk in Steyr gibt’s auch ein Video, Dharma Bums Insane aus Steyr und wir im Kraftwerk. Das alte Kraftwerk war auch ein Wahnsinn, genial, ein altes Gewölbe, wenn da 200 Leute drin waren ist die Hölle abgegangen. Da sind die Leute noch richtig ausgezuckt bei den Konzerten…

Heute filmen sie alle mit dem Handy mit, da habens keine Zeit mehr zu tanzen.

Ja, wir haben noch unsren Schädel gebeutelt und die habens Handy in der Hand.

Musikalische Einflüsse damals für dich?

Ich hab sehr früh angefangen, meine Mama war bei Hans-Sachs-Chor, hat Piano gespielt und wir hatten einen Flügel im Wohnzimmer, da hab ich schon mit 3 drauf rumgeklimpert. Mit 9 hab ich mit Gitarre angefangen, damals bin ich auf Beatles und so Zeug abgefahren. Aber auch ganz andres, mein Vater hatte eine Almhütte in der Steiermark, und da haben wir Volksmusik gespielt für die Urlauber. Mit 16 bin ich dann zum Punk gekommen, Slime, Tote Hosen und so. Übern Hattinger Stefan bin ich dann zum Metal gekommen, der hat mir halt so Sachen wie Metallica und Slayer vorgespielt, da hab ich dann einige Jahre nur mehr Metal und Hard Core gespielt. Dann bin ich auf was andres gekommen und habe eine 2-jährige Jazz-Ausbildung gemacht, beim Petersdorfer Harald in Thalheim drüben. Immer zu Fuß rüber von der Vogelweide mit Kassettendeck und Gitarre, über eine Stunde hin und eine zurück, aber das war es mir wert. In dieser Jazz-Phase sind dann so 1994 die Funny Genius entstanden. Der Eiselsberg Wolf am Schlagzeug, der Sigi Loidl an Keyboards und Gitarre, die Ruth Eiselsberg am Gesang, Wolfgang Seiler am Bass, der Wittig Martin am Schlagzeug. Schräge Musik, gibt eine eigene Soundcloudseite, da kann man sich alles anhören. CD haben wir auch gemacht, eine Mini, 22 Minuten.

Wie hast du damals die Kulturszene so gesehen, wie wars mit Auftrittsmöglichkeiten?

In den 80ern ist sehr viel entstanden, Schlachthof, Kraftwerk, KAPU, Stadtwerkstatt. Ich war da live dabei, ich war auch in Vereinen drin, hab mitveranstaltet, später hatte ich ja einen eigenen Verein, Soundtheater, ein Kulturverein. Man hat damals alle Leute gekannt, wir haben ja überall gespielt. Da hat vieles wachsen und auch wieder sterben gesehen.

Wars damals schwieriger für lokale Bands Auftritte zu bekommen?

Nun, da ist viel enstanden, vor allem in Oberösterreich und natürlich Wien. In Oberösterreich gabs ja auch viel in den kleinen Orten, Bands, Verein, Locations. Es war irgendwie kreativer damals, unprofessioneller, aber das Publikum hat das mehr honoriert. Jetzt ist nicht mehr so viel Bewegung drinnen.

Ich denke, dass „Konzert besuchen“ hat sich stark verändert. Diese Festivals mit 100 Bands, 5 Tage lang und 100 000 Leute Publikum hat es ja damals nicht gegeben. Und auf der Setlist stehen dann v. a. Bands die es seit 20 oder 30 Jahren gibt

Ja, damals hat man sich noch mehr kleine, neue Sachen angeschaut, wurscht ob lokale Bands, oder von mir aus auch aus Norwegen oder USA. Das Publikum war damals neugieriger, interessierter. Man wollte sich was anschauen, was man noch nicht kennt, was neues entdecken, auch am Merchandise-Stand stöbern, ob es irgendwelche neuen CDs oder Kassetten gibt. Das interessiert aber heute keinen mehr, da bestellt sich jeder was er will im Internet. Aber ich verstehs eh, auch Youtube und so, bevor ich 2 Stunden eine CD suche, tipp ich ein was ich hören will und fertig.

Die „Freie Szene“ oder DIY-Szene – war das für dich was Ideologisches auch, oder war das eben nur aus der Not heraus, weils keine Musikindustrie gegeben hat in Österreich?

Wir haben bei den Spastics schon sehr politische Themen angeschnitten, also da gings nicht um Liebe und Herzschmerz, sondern um beinharte Themen, die was halt uns damals mit 20 interessiert haben. Umweltzerstörung war damals noch ein großes Thema, Tschernobyl und so.

Beim Schlachthof in Wels hast du die Anfangsphase auch erlebt.

Ja, Cheetah war die erste Band, die dort geprobt hat. Der Hattinger hat das hauptsächlich organisiert. Und wir hatten als erster einen Proberaum, oben im Turm. Jetzt gibt’s 7, 8, 9, keine Ahnung, war schon lang nimmer unten. Aber ich würde sehr gerne wieder mal hin, spannend wie das jetzt wohl ausschaut. War lässig früher, du hast geprobt, dann waren plötzlich 5 Leute da, oder 10 oder 20 und haben mit dem Schädel gewackelt.

The Funny Genius hast du schon erwähnt, wie lange hat es die gegeben?

Zwei Jahre ungefähr. Wir haben einige arge Konzerte gespielt. Das war eine steile Zeit. Ist halt wieder auseinander gegangen – lauter starke Individuen, jeder will seinen Kopf durchsetzen. Das war sehr schade, mit denen hätte ich gern länger gespielt. Aber es gab schon neue Projekte, z. B. mit dem Sigi Loidl Die harmlosen Brüder. Da haben wir drei Sets gehabt, eine Stunde Coverversionen, eine Stunde Jazz und eine Stunde eigene Geschichten. Gibt auch ein Demo davon. Hat der Sigi Loidl aufgenommen, der Siegall. Und Megatief, eine Coverband, wir haben von Slayer, Metallica bis Faith No More gespielt. Der Bauer Werner am Bass, verschiedene Zeugler, weiß nimmer wie die alle geheißen haben. Ich hab gesungen und Gitarre gespielt und ab und zu haben wir den Ecker Alex noch dabei gehabt als Gitarristen. Wir sind viel aufgetreten, Fred Sega, Schlachthof, ist ganz gut angekommen, obwohl wir nur Covers gespielt haben. Wir haben uns aber nicht die einfachsten Nummern ausgesucht, schon eher ausgefallenes. Wir wollten halt draufdrücken und ein wenig Kohle machen mit der Musik.

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Dann kam Soundtheatre

Ja, Ende der 90er kam dann Soundtheatre, die Jam-Band, da haben schon über 50 Leute mitgespielt. 10 CDs gibt’s. Ich hab zuvor schon in Jam-Bands wie Psycho Express oder Green Grass Company gespielt. Das live jammen hat mir einfach riesigen Spaß gemacht. Ich wollte immer so klingen, dass die Leute nicht checken, dass es improvisiert ist, so sollte es sich anhören. Wir haben bewusst nie geprobt, wir haben uns einfach hingestellt und gespielt, das war ein faszinierender Zugang für mich. Das haben wir immer aufgenommen und CDs gemacht, ein Konzert-Video gibt’s auch, von Soundtheatre im The Soundtheatre, 2 ½ Stunden. Helmut Budaker war da dabei von Grand Zeppelin, der Ingo von Superfeucht, der Ötschi als Saxophonist und der Lukas Plescher von den Krautschädeln hat Schlagzeug gespielt. Der Loidl Sigi hat zwei Nummern gesungen und das Konzert gemischt. Ist ein super Video geworden.
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Die Musicalwerkstatt Wels war noch wichtig für mich, da war ich `95 – 2000 dabei. Das war ein Jugendprojekt, das Frau Professer Kossmeier geleitet hat, die hat sich da Musiker zusammengesucht. Das ist immer in verschiedenen Besetzungen abgelaufen. Da hat jeder von den Jungen kommen können, der mitmachen wollte. Es gab verschiedene Aufführungen, z. B. „Flashback into the 60ies“ oder „Die letzte Welt“ von den Schmetterlingen, jedesmal mit kleiner Tour und Tonträger. Da waren Chöre dabei, mit 20 oder 30 Leuten und bis zu 15 Solosänger. Trotz der vielen Leute: Da war so eine Harmonie immer, das war bis jetzt eine der steilsten Zeiten in meinem Leben, und die Arbeit mit jungen Leuten hat mir immer Spaß gemacht. Der Bürgermeister wollte mich damals sogar als Jugendarbeiter einstellen. Aber ich war damals zu viel Musiker, um noch was andres zu machen.

Soundtheatre gibt’s noch?

Ja, eigentlich schon, wir haben schon länger jetzt nichts mehr gemacht, aber ich denke schon dass wir nochmal spielen wollen. Mal schauen. Ich hab jetzt vor allem viel produziert daheim im Studio, vielleicht kommt noch mal eine Live-Zeit. Es gibt halt gewisse Faktoren gesundheitlicher Naturen bei mir. Jetzt war ich lange nur im Studio, ziemlich fleißig. Jetzt stehen schon 300 Songs von mir im Internet, die ich aufgenommen habe. Mindtheatre ist ein Musik Projekt von boerni_k und der Inti. Inti schreibt die texte, ich mache und produziere die Musik dazu – ein Funprojekt mit Tiefgang.

Du hast dich die letzten Jahre verlagert aufs Produzieren?

Aufnehmen und vor-produzieren. Produzieren tuts der Chris Unger, dass muss schon eine gute Qualität haben, wenn man was verkaufen will. Ich muss ja keine große Kohle machen, aber wenn man ab und zu was einnimmt, kann man wieder neues Equipment kaufen und sich verbessern. Aber eigentlich mach ichs aus Spaß, ich brauch nichts. Leider bin ich technisch ein Spätzünder, da hab ich lange dran gearbeitet, dass in den Griff zu kriegen. Ich spiel mir jetzt quasi alles selbst ein im Studio, Gitarre, Bass, Keyboard, Schlagzeug programmieren tu ich, dann hol ich mir verschiedene Musikerinnen und Musiker, frag sie ob sie singen wollen, schreib Texte…

Wir haben eine CD mit elektronischer Musik gemacht, die heißt Behind the Moon, mit Gudrun Rubini und Markus Sis, das ist ein ehemaliger Sängerknabe. Jetzt kommt bald „Du und ich“ mit Gudrun Rubini raus, ein Rockalbum mit 24 Nummern, das wird auf Amazon, Itunes etc. vertrieben, und einen Teil möchte ich auf Vinyl pressen lassen. Dann kommt eine Funk/Crossover-CD, „Funk Hole“, die ist auch grad beim mischen.

Musik ist…

…wenn man mit seiner Leidenschaft andren Menschen Freude schafft

Danke Börni 🙂

Fanclub

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Foto: Erste Vorbesprechung fürs Interview: Thomas Rammerstorfer und Börni anno `96

Die AKP ist gut vernetzt mit europäischen Rechtsparteien

Die Kritik europäischer Rechtspopulisten an der AKP ist einigermaßen unglaubwürdig – man arbeitet sogar im gleichen Dachverband zusammen – der „Allianz der Europäischen Konservativen und Reformer“

Nach den Wahlen zum Europaparlament 2009 entstand dort die Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer (EKR)“, die auch bald eine Entsprechung außerhalb des EU-Parlaments – und auch außerhalb der EU fand: Die „Allianz der Europäischen Konservativen und Reformer“ (AECR). Im November 2013 trat die „Adalet ve Kalkınma Partisi“ (AKP) bei. Zuvor hatte die Erdogan-Partei seit 2005 einen Beobachter-Status bei der „Europäischen Volkspartei“, der u. a. auch die ÖVP und die CDU angehören, inne. Hier war man nach der blutigen Niederschlagung der Gezi-Park-Proteste nicht etwa hinausgeflogen, sondern hatte die EVP freiwillig verlassen, weil diese den Beobachter-Status nicht zur Vollmitgliedschaft „upgraden“ wollte (siehe hier).

Bei der AECR findet man sich als Vollmitglied in durchaus interessanter Gesellschaft wieder. Mit dabei sind die britischen und polnischen Regierungsparteien, die Torys und die PiS. Dazu kommt eine Abspaltung der „Alternative für Deutschland“ um deren einstigen Gründer Bernd Lucke, die ALFA, und eine ganze Reihe kleinerer Parteien aus dem Milieu rechter und konservativer EU-SkeptikerInnen. Zwar nicht als Mitglied, aber unter „Regional partners“ werden die US-RepublikanerInnen gelistet.

Kritik von Seiten der „Allianz“ an der derzeitigen Politik der AKP gibt es offiziell nicht. Im Gegenteil, in der einzigen Stellungnahme der EKR zum Thema solidarisierte man sich mit Erdogan: „Democrats must stand solidly with Turkey’s constitutional order.“ twitterte Daniel Hannan, Generalsekretär der konservativen Internationalen und britischer EU-Abgeordneter (siehe hier).

Einen strammen AKP-Mann hat man sogar zu einem AECR-Vize-Präsidenten gemacht: Zafer Sırakaya, nebenbei europäischer Vorstandsvorsitzender der jüngst recht bekannt gewordenen AKP-Lobbyorganisation mit dem irreführenden Namen „Union of European Turkish Democrats“ (UETD). Hier sehen wir ihn mit erhobenem Zeigefinger bei einer pro-AKP-Demonstration (rechts im Bild/Quelle: twitter):
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Wie sich IslamistInnen und rechte Islam-GegnerInnen innerhalb der AECR so vertragen, ist nicht bekannt. Naja, jenseits der Gretchenfrage hat man ja auch einiges gemeinsam.

Thomas Rammerstorfer

„Wenn Sie die heutige Kundmachung nicht absagen, übernehmen wir für die möglichen Vorkommnisse keine Verantwortung!“

Seit Tagen kommt es zu Überfällen auf pro-kurdische Kundgebungen. Am 30. Juni wurde eine Kurdin in Linz durch einen Flaschenwurf schwer verletzt. Eine Eskalation mit Ansage.

In mehreren Städten (Wien, Linz und Innsbruck) läuft derzeit eine Infokampagne kurdischer Vereine. Gefordert wird die Freilassung des PKK-Anführers Abdullah Öcalan und der Beginn von Friedensverhandlungen, um den Konflikt im Südosten Anatoliens zu beenden. Nun kann man zu Öcalan und zur PKK stehen wie man will: Die Forderung ist legitim und jedenfalls nicht ungesetzlich. So sahen das bis jetzt auch die österreichischen Behörden, die diese Infostände bzw. Kundgebungen nicht untersagten. Anders sehen es die diversen Banden türkischer Faschisten und Islamisten, die eine Kampagne gegen diese Veranstaltungen begannen. Mit Erfolg. Am 22. und am 25. Juni kam es zu Überfällen verhetzter Jugendlicher, mutmaßlich auch von Mitgliedern des Boxclubs „Osmanen Germania“, auf die kurdischen Kundgebungen am Stephansplatz. Es kam zu Schlägereien, auch zwei Polizeibeamte wurden verletzt. Am Wochenende 26./27. Juni wurde ein Lokal der KPÖ in Wien mit faschistischen Parolen und den drei Halbmonden, Zeichen der „Grauen Wölfe“, beschmiert. Es ist meines Wissens das erste mal, dass eine österreichische Partei Zielscheibe der türkischen Faschisten wurde. Für die Lokale kurdischer Vereine ist dies ein Dauerzustand.

Am 29. Juni befand man wohl, dass man mit Prügel und Randale nicht alles erreichen konnte, es ging die facebook-Gruppe „Verbot der PKK-Kundgebungen in Österreich“ online. Musterschreiben wurden geteilt, mit denen man Behörden und PolitikerInnen unter Druck setzen sollte. Die „Kufstein Türk Kültür Derneği“ (Graue Wölfe) drohte vor der ersten Kundgebung am 29. Juni in Linz in einem Brief Bürgermeister Luger recht unverholen: „Wenn Sie die heutige Kundmachung nicht absagen, übernehmen wir für die möglichen Vorkommnisse keine Verantwortung!“. Weiters taten sich vervor: AKP-Mann und Nischenmedien-Experte Irfan Ü. (der glühende Antisemit war bei der Gemeinderatswahl 2015 für die Linzer SPÖ aktiv) und der Astener Neos-Gemeinderat und Blogger Alen Tahic: „Sowas darf es in Österreich nicht geben! Wir müssen uns energisch dagegen wehren!“ fand er.

Luger reagierte – in einem von Arzu Büyükkal (bis 2015 Vorsitzende des Linzer „Migrations- und Integrationsbeirates“, 2015 SP-Gemeinderatskandidatin in Linz und bei der dem türkischen Staat unterstellten ATIB) verbreiteten Schreiben – verständnisvoll:

„Ich verstehe Ihren Unmut über die gestern stattgefundene Kundgebung am Hauptplatz vollkommen. Auch mich hat diese Veranstaltung sehr geärgert. Leider stellt sich die Faktenlage so dar, dass ich als Bürgermeister im Vorfeld nichts über diese Kundgebung wusste. Als Stadt Linz haben wir hier leider keine Handhabe, da es sich um eine Demonstration bzw. Kundgebung gehandelt hat. Die Polizei ist dafür zuständig und hat diese auch genehmigt. Es gab im Vorfeld keine Information an mich. Ich distanziere mich von dieser Kundgebung der PKK und bin sehr verärgert.“

Unmittelbar nach Veröffentlichung des Luger-Schreibens (30. Juni/15.49) kam es zur Eskalation. Eine tanzende Frau wurde von Faschisten angegriffen und mit einer Flasche niedergeschlagen, sie wurde blutüberströmt ins Krankenhaus eingeliefert (Rissquetschwunde). Bei nachfolgenden Rangeleien wurden zumindest drei Personen festgenommen. Nun könnte man meinen: jetzt distanziert sich Luger von den rechtsextremen Schlägern. Aber Scherz beiseite. Davon ist in der SP-Aussendung kein Wort zu lesen, nein, auch kein Wort des Mitleids mit dem Opfer, einer langjährigen, über kurdische Kreise hinaus anerkannten Frauen – und Menschenrechtsaktivistin. Nein, schuld sind die, die Versammlungsfreiheit ermöglichten: „Mich ärgert, dass die Polizei solchen Kundgebungen zustimmt“ sagt er.

Ärgerlich ist freilich, neben Lugers Sermon, die Tatsache, dass die Polizei nicht willens war die genehmigte Kundgebung auch zu schützen. „Verhinderung oder Störung einer Versammlung “ ist eine Straftat, entsprechend hätte man an beiden Tagen in Linz die Angriffe auf die kurdische Kundgebung sofort unterbinden können, ja müssen.

Thomas Rammerstorfer

Siehe:

Bürgermeister Klaus Luger verurteilt Krawalle am Linzer Hauptplatz auf das Schärfste


http://www.heute.at/leser/PKK-Demo-wurde-von-Erdogan-Fans-angegriffen;art23650,1304328
http://www.heute.at/news/oesterreich/wien/Schon-wieder-Attacke-auf-Kurden-am-Stephansplatz;art23652,1305229