1915 – 2015: Der Genozid an ArmenierInnen und AssyrerInnen. Gedenken, Leugnen, Aufarbeiten

Die neuen LeEZA-Nachrichten (1/2015, Ausgabe 11) gehen nun in Druck.
Schwerpunkt:

1915 – 2015: Der Genozid an ArmenierInnen und AssyrerInnen
Gedenken, Leugnen, Aufarbeiten

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Mit solidarischen Grüßen,
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Für eine klare Abgrenzung von den rechtsextremen „Grauen Wölfen“

OÖ. NETZWERK GEGEN RASSISMUS UND RECHTSEXTREMISMUS Linz, 18. März 2015

Herrn Bürgermeister
MMag. Klaus Luger
Linz
Per E-Mail klaus.luger@mag.linz.at

Für eine klare Abgrenzung von den rechtsextremen „Grauen Wölfen“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Schon seit Jahren wird innerhalb wie außerhalb der Sozialdemokratie immer wieder Kritik am Naheverhältnis der Linzer SPÖ-Spitze zum Verein „Avrasya “ laut. Dieser Verein gibt sich einen demokratischen und integrationsfördernden Anschein. Tatsächlich ist er eine Organisation der „Grauen Wölfe“, türkischer Rechtsextremisten, die in ihrer ultranationalistischen Propaganda u.a. gegen Juden, Kurden, Armenier und Linke hetzen. In der Türkei treten die „Grauen Wölfe“ unter der Bezeichnung „Nationalistische Bewegungspartei“ (MHP) auf.
Der derzeitige „Avrasya“-Vorsitzende Davut Güvenç ist direkt bei der MHP angestellt. Im April 2012 war MHP-„Führer“ Devlet Bahçeli in Linz zu Gast und wurde von „Avrasya“ mit größter Ehrerbietung empfangen. Die „Avrasya“-Jugend hat eine antisemitische Karikatur verbreitet, in der ein Hund mit Davidstern vor einem türkischen Wolf zittert. Die „Grauen Wölfe“ sympathisieren offenkundig mit der Terrormiliz „Islamischer
Staat“: Der Linzer „Avrasya“-Aktivist Kamil Sezer wünschte auf Facebook jedem kurdischen Widerstandskämpfer in Kobane (Ain-al-Arab), dass er „qualvoll verreckt“. 2012 erschien das Buch „Grauer Wolf im Schafspelz – Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft“. Es wurde von den Experten Thomas Schmidinger, Thomas Rammerstorfer, Kemal Bozay und Christian Schörkhuber verfasst und von der Volkshilfe herausgegeben. In diesem Buch wird die Hass-Ideologie der „Grauen Wölfe“ umfangreich belegt und vor jeder Zusammenarbeit mit ihren Organisationen
gewarnt.
Die Linzer SPÖ-Spitze blieb „Avrasya“ trotzdem freundlich gesinnt. Ein Block dieser rechtsextremen Organisation nahm weiterhin am jährlichen 1.-Mai-Aufmarsch der Linzer Sozialdemokratie teil und wurde von der Tribüne herab begrüßt. Das war auch
2014 der Fall.
Im Oktober 2014 wurden auf einer internen Facebook-Seite der türkischen Rechtsextremisten Fotos veröffentlicht, die Sie, Herr Bürgermeister, und den Linzer Integrationsstadtrat Stefan Giegler (SPÖ) bei einem Besuch im Linzer „Avrasya“-Lokal zeigen.
Proteste waren die Folge. Im November 2014 hat der Bundesparteitag der SPÖ beschlossen, die SPÖ werde gegen jede Unterstützung der „Grauen Wölfe“ und ihrer Vorfeldorganisationen sowie gegen jede Zusammenarbeit konsequent vorgehen. Ungeachtet dieses eindeutigen Beschlusses hat Integrationsstadtrat Giegler (SPÖ) im Dezember 2014 den Linzer Integrationsbeirat neu bestellt (dieser wird ja nicht gewählt) und dabei wieder einen Vertreter von „Avrasya“ zum Beiratsmitglied ernannt. So wird ignoriert, dass das ultranationalistische Gedankengut der „Grauen
Wölfe“ das genaue Gegenteil von Integration darstellt. Ein Gedankengut, das sich unter türkischstämmigen Jugendlichen gefährlich ausbreitet.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Wir Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Briefes sind bestürzt, dass verantwortliche Politiker der drittgrößten Stadt Österreichs ein Naheverhältnis zu einer rechtsextremen Organisation pflegen und sie nach Kräften fördern. Wir richten an Sie als Bürgermeister und Linzer SPÖ-Vorsitzenden den dringenden Appell, nicht länger unter dem Deckmantel des „Dialoges“ über menschenverachtende
Hetzpropaganda hinwegzusehen.
Sorgen Sie für eine klare Abgrenzung der Stadt Linz und der Linzer SPÖ von den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ und ihrer Organisation „Avrasya“: Beenden Sie jede Unterstützung und jede Zusammenarbeit! Damit entsprechen Sie auch dem Bundesparteitagsbeschluss Ihrer Partei.

Dieser Brief ergeht abschriftlich an SPÖ-Bundesvorsitzenden und Bundeskanzler Werner Faymann sowie an den oö. SPÖ-Landesvorsitzenden und Landeshauptmannstellvertreter Reinhold Entholzer.

Mit freundlichen Grüßen

Wilhelm ACHLEITNER, Leiter des Bildungshauses Schloss Puchberg
Nuray BAHÇETEPE, Vorstandsmitglied der Welser Initiative gegen Faschismus
Maxi BLAHA, Schauspielerin
Bert BRANDSTETTER, Präsident der Katholischen Aktion Oberösterreich
Erwin BUCHINGER, Bundesbehindertenanwalt
Ferhat BÜYÜKDEMIRCI, Sprecher der Taksim-Initiative Linz
Emine CEK, Obfrau des Dachverbandes der kurdischen Vereine (Feykom OÖ)
Erdal CÖRDÜK, Vorstandsmitglied der Föderation demokrat. Arbeitervereine (DIDF)
Ali DEMIR, Obmann des Alevitischen Kulturvereines Perg
Zafer DEMIRBILEK, Obmann des Vereines der demokratischen Rechte
Oskar DEUTSCH, Präsident des Bundesverbandes Israelitischer Kultusgemeinden
Dursun DINLER, Obmann des Alevitischen Kulturvereines Wels
Helmut EDELMAYR, Abgeordneter zum OÖ. Landtag a.D.
Robert EITER, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus
Raimund FASTENBAUER, Generalsekr. des Bundesverbandes Israelit. Kultusgemeinden
Marko FEINGOLD, Überlebender des KZ Auschwitz
Peter FLORIANSCHÜTZ, Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat
FRANZOBEL, Schriftsteller
Karl-Markus GAUSS, Schriftsteller
Rudolf GELBARD, Überlebender des KZ Theresienstadt
Efkan GÜN, Obfraustellvertreter des Vereines ADA – Alternative Solidarität
Ismet GÜZEL, Vorstandsmitglied der Alevitischen Kulturgemeinde Linz
Gerhard HADERER, Zeichner
Erik HANKE, Beiratsmitglied der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft
Elfriede JELINEK, Literaturnobelpreisträgerin
Günter KAINDLSTORFER, Journalist und Schriftsteller
Fiona KAISER, SJ-Landesvorsitzende und stv. SPÖ-Landesvorsitzende
Reinhard KAISER-MÜHLECKER, Schriftsteller
Coşkun KESICI, Vorsitzender der Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF)
Erika KIRCHWEGER, Vizepräsidentin der Katholischen Aktion Oberösterreich
Cansu KILIÇ, Vorstandsmitglied der Alevitischen Kulturgemeinde Linz
Ali Dost KIŞIN, Obmannstellvertreter des Alevitischen Kulturvereines Perg
Evrim KUTOOGLU, Obmannstellvertreterin des Vereines der demokratischen Rechte
Harald KRASSNITZER, Schauspieler
Ludwig LAHER, Schriftsteller
Albert LANGANKE, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich
Andreas MAISLINGER, Politikwissenschafter
Robert MENASSE, Schriftsteller
Bernadette NADERER, Vorsitzende der Katholischen Jugend Oberösterreich
Wolfgang NEUGEBAUER, Historiker
Elisabeth ORTH, Schauspielerin und Präsidentin der Aktion gegen den Antisemitismus
Andreas PEHAM, Autor und Rechtsextremismus-Experte im DÖW
Anton PELINKA, Politikwissenschafter
Elisabeth PITTERMANN, Vorstandsmitglied der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft
Martin POLLACK, Schriftsteller
Doron RABINOVICI, Schriftsteller
Thomas RAMMERSTORFER, Autor und Rechtsextremismus-Experte
Karl RAMSMAIER, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich
Werner RETZL, Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus
Eva ROSSMANN, Schriftstellerin
Uwe SAILER, Träger des Ute-Bock-Preises für Zivilcourage
Käthe SASSO, Überlebende des KZ Ravensbrück
Hans-Henning SCHARSACH, Autor und Rechtsextremismus-Experte
Thomas SCHMIDINGER, Politikwissenschafter
Irmgard SCHMIDLEITHNER, ÖGB-Vizepräsidentin a.D.
Richard SCHMITZ, Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft
Kurt SCHOLZ, Vorsitzender des Zukunftsfonds der Republik Österreich
Susi SHAKED, Generalsekretärin der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft
Josef SHAKED, Psychoanalytiker
Ayfer SINIRTAŞ, Obmannstellvertreterin des Alevitischen Kulturvereines Wels
Erwin STEINHAUER, Schauspieler
Marlene STREERUWITZ, Schriftstellerin
Hans-Jürgen TEMPELMAYR, Beiratsmitglied der Österr.-Israelischen Gesellschaft
Hanim TOHUMCI, Obfrau des Dachverbandes der ImmigrantInnen aus der Türkei
Necla TUNCEL, Obfrau des Vereines ADA – Alternative Solidarität
Tuncay TUNCEL, Obmann des ASKÖ-Sportvereines ADA
Günter WALLRAFF, Journalist und Schriftsteller
Peter WEIDNER, Beiratsmitglied der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft
Franz Adrian WENZL, Rocksänger (Austrofred) und Schriftsteller
Robert ZINTERHOF, Träger des Menschenrechtspreises des Landes Oberösterreich

„Graue Wölfe“ feiern Genozid an den ArmenierInnen

Während die offizielle Türkei den Genozid an den Armenierinnen und anderen christlichen Minderheiten, der vor bald 100 Jahren begonnen hat, leugnet, gehen die türkischen Faschisten der „Grauen Wölfe“ einen noch widerwärtigeren Weg: Sie feiern ihn.

Die Aufschrift auf diesen Transparenten lautet:

„Wir freuen uns, dass unser Land von den Armeniern gereinigt wurde. Gratulation zum 100. Jahrestag. Wir sind stolz auf unsere Großeltern!“

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Quelle: https://www.facebook.com/gencatsizlar

Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen in Linz – zur Friedensdemo am 24. Jänner

Samstag, 24. Jänner auf der Linzer Hauptstraße: „Meinungsfreiheit hat auch ihre Grenzen!“ steht auf einem Schild, davor marschieren neben den veranstaltenden Notabeln der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der katholischen Kirche die heimischen SpitzenpolitikerInnen von SPÖ (Klaus Luger, Gertraud Jahn) und Grünen (Rudi Anschober). Zur Samstagsrede schaut auch Landeshauptmann Pühringer vorbei.
Wie eng man diese Grenzen zieht, wird schon im Vorfeld klar gemacht: Neben „keine Flaggen“ oder „kein Geschrei, keine Parolen“ heißt es da auch „keine „ich bin Charlie“ Plakate, seien sie auf deutsch oder auf französisch“. Die weltweite Solidaritätsparole mit den Opfern von Paris ist nicht erwünscht in Linz. Nachzulesen in der Anordnung der „Islamischen Glaubensgemeinde“ an die TeilnehmerInnen.
Ebenso nicht erwünscht – oder zumindest nicht eingeladen – waren kurdischen, alevitische, jüdische und linke Organisationen. Auch das Oberösterreichische Antifa-Netzwerk nicht. Blieb ein relativ skurriles Sammelsurium aus allerhand Moscheevereinen, der Volkshilfe, Migrare und dem Linzer Ableger der faschistischen „Grauen Wölfe“ (Avrasya). Dominiert wurde der Aufmarsch von einem gutem Dutzend „ALIF“-Transparenten. ALIF (Avusturya Linz Islam Federasyonu = Millî Görüş) kann man zu diesem Coup nur gratulieren, Außenstehende müssen wohl den Eindruck einer reinen Millî Görüş-Veranstaltung bekommen haben.
Nun ist es zum einen erfreulich, dass sich auch konservative Muslime gegen Terrorismus aussprechen wollen. Ein ähnliches Engagement „mehrheitsösterreichischer“ Konservativer gegen rechtsextreme Gewalt vermissen wir schmerzlich. Trotzdem: der Ausschluss von einigen der Hauptopfergruppen djihadistischer Verbrechen hinterlässt einen schalen Beigeschmack.
Dass es auch anders geht hat man glücklicherweise zwei Wochen vorher in Wels gezeigt. Auch hier initiierten die Religionsgemeinschaften eine gemeinsame Friedenskundgebung, es wurden aber auch linke kurdisch-türkische und antifaschistische Organisationen zur Teilnahme eingeladen. Und Charlie durfte auch dabei sein.

Thomas Rammerstorfer

PS: Eine Kritik gibt es auch von der Taksim Initiative Linz: http://www.taksiminitiativelinz.at/image-kur-fuer-das-ansehen-des-politischen-islam-im-stil-einer-populistischen-strategie/

1 Veröffentlicht am 22. Jänner 2015 auf verschiedenen Facebook-Seiten
2 Zumindest keine der von mir befragten; ich bitte um Hinweise, falls ich hier falsch liege.

Neue Frei.Wild-Platte: Alte Werte und neue Themen

Die Band Frei.Wild, deren Texte ich bei verschiedenen Gelegenheiten als rechts-konservativ, nicht aber wie andere als rechtsextrem einschätzte, bat mich um meine Meinung zum im März 2015 erscheinenden Album. Also ab nach Südtirol.
„Jetzt verstehst du unsere Lieder“ lacht Philipp Burger, Sänger, Texter und Gitarrist der Band, als er mich beim Hotel abholt und ich die schönen Aussichten auf die Berge der Region erwähne. Wir haben uns im Mai 2013 bei einem Konzert in Kufstein kennengelernt und miteinander auch schon eine Diskussionsveranstaltung im Wiener Gasometer absolviert. Die Fahrt ins Studio unterbrechen wir für ein Bier im Wirtshaus an der Mahr, dessen ehemaliger Besitzer Peter Mayr ein Mitstreiter des Andreas Hofer im Kampf gegen die Franzosen war: Ein Tiroler Held.
Burger erzählt: Er absolviert gerade die Ausbildung zum Landwirt, das mache ihm Spaß. Vom Film „We feed the World“ zeigt er sich schwer beeindruckt, immer wieder kommt er im Laufe des Nachmittags darauf zurück. Die Folgen der Globalisierung geben ihm zu denken, die miesen Lebensmittel, aber auch die Ausbeutung der Menschen in der Agrar-Industrie. Überhaupt ist er ein vielseitig interessierter und absolut politischer Mensch. Jedenfalls geht’s ab ins Studio, wo Schlagzeuger Christian Fohrer und Bassist Joachim Gargitter zu uns stoßen.
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„Opposition“ wird das neue Album heißen, wogegen man opponiert wird mir an diesen Nachmittag nicht ganz klar, weitestgehend befindet man sich textlich im Meinungs-Mainstream. Der Lauschangriff beginnt. Die erste Single, das dieser Tage erschiene „Wir brechen eure Seelen“, ist textlich ein nahezu archetypischer Frei.Wild-Song. Wir werden bekämpft, es werden Lügen über uns erzählt, wir werden aber standhalten, ist die bekannte Botschaft. Glücklicherweise geht’s nicht so weiter. Rechte Sprüche und dubiose Vergleiche der Vergangenheit, die die Band stets als Missverständnisse, die Kritik mitunter als Nazi-Botschaften wertete, gehören der Vergangenheit an.
Problematisch wird’s, wenn Frei.Wild in dasselbe Muster verfallen, das sie gerne ihren KritikerInnen vorwerfen: Nämlich undifferenziert Andersdenkenden Faschismus vorzuwerfen oder diese mit Nazis zu vergleichen. Und das passiert leider in zwei Liedern:
„Verstehe doch, du bekriegst die Falschen. Und bist zudem genau so schlimm wie die ganzen Nazi-Spasten. Denn die haben auch nur Hass im Sinn“ heißt es in „Wir brechen eure Seelen.“
Ähnlich dann auch im auf einen Frei.Wild-Kritiker bezogenen Song „Akzeptierter Faschist“. Ich äußere mich den drei Frei.Wild-Mitgliedern gegenüber dementsprechend. Burger verteidigt die Texte, meint, es gäbe Frei.Wild-Hasser, die die Band tatsächlich am liebsten an die Wand stellen würden, und das seien eben Faschisten für ihn. Naja.
Der Song „Ich bin neu, ich fange an“ (zur Gänze im Anschluss) thematisiert das Schicksal eines Flüchtlings. Gerade aus seiner eigenen Heimatverliebtheit hinaus scheint Burger Empathie für Menschen zu entwickeln, die die eigene Heimat verlassen müssen. Keine uninteressante Position.
Bleibt zu sagen: An meiner Meinung zu Frei.Wild hat sich wenig geändert. Einige Punkt sind kritikwürdig, auf Provokationen wird aber verzichtet, das haben sie wohl auch nicht mehr nötig.

Thomas Rammerstorfer

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Ich bin neu, ich fange an

Musik: 100% Philipp Burger
Text: 100% Philipp Burger


Sehe nur leere Gesichter, unsägliche Angst
Aufbruch zur Flucht, aus dem eigenen Land
Scherben hinterlassen und Scherben erwarten
Geister auf Auswegen, auf unsicheren Pfaden

Wohin mit mir, wohin und mit wem?
Werde ich zurückkommen?
Oder immer dort leben?
Das Urteil des Schicksals
Hätte es anders gewollt
Doch mein Wille zum Leben
Wählt meinen Weg

Endlich angekommen
Alles neu und fremd
Nichts hier wird einfach
Weil mich keiner hier kennt
Neues Land, neue Wege
Werde mich neu definieren
Will mein Leben hier leben
Will das alles kapieren

Ich will Teil dieser Welt sein
will nicht am Rande stehen
Werd es beweisen, ich bin dankbar
Für den Beitrag an meinem Leben
Schlage Brücken durch Sprache
Will sie lernen, will sie verstehen
Euer Land kennenlernen
Und will euch von meinem erzählen
Ich weiß, dass das alles
Für keinen hier einfach wird
Doch halte dran fest
Weil es nur ein Zusammen gibt
Ein Zusammen, das ich ohne euch so nicht leben kann
Also fange ich an, ich fange an, ich fange an
Und es fühlt sich richtig an

Was habe ich zu erwarten?
Wem soll ich vertrauen?
Wer hilft, wer misstraut mir?
An wen kann ich glauben?
Liegt mein Anker für immer?
Endet hier meine Flucht?
Tausende Fragen
Auf die ich Antworten suche

Doch will ich ein Leben
In eurer Mitte und frei
Begegnung verbindet, sie hilft mir dabei
Neues Land, neue Regeln
Heut auch Neues probieren
Ich will mit euch leben
Und das kann funktionieren

Egal woher, egal wohin
Neues soll kommen, Altes muss bleiben
Will mein Leben hier leben
Will das Land hier verstehen

Egal wo, egal woher
Egal wo, egal wohin
Egal wo
Für ein Zusammen
Nicht ein Auseinander
Für das Leben und Dinge
Die für ein solches stehen

Fotos:
1. Frei.Wild-Konzert 2013 Gasometer/Wien (Thomas Rammerstorfer)
2. Diskussion mit Frei.Wild im Dezember 2013 im Gasometer Wien (Katharina Gusenleitner)

Lob und Tadel bitte entweder hier abladen oder an t.rammerstorfer@gmx.at

Mitleid mit dem Teufel – Weltverschwörung entpuppt sich als Reinfall!

Nehmen wir mal an, es stimmt: Die Illuminaten bemühen sich seit hunderten – nach anderen Quellen gar seit tausenden! – von Jahren die Weltherrschaft an sich zu reißen. Ihre – wahlweise Helfer oder Chefs – sind Satan, die Freimaurer, die Juden, die Bilderberger, die EU. Sie versuchen eine „Eine-Welt-Republik“ zu errichten, ein Riesen-Israel, dazu einen Großteil der Menschheit mittels AIDS und Chemtrails zu ermorden und haben noch allerhand andre finstere Pläne. Eingedenk solch großer Anstrengungen wirds mal allerhöchste Zeit Bilanz zu ziehen. Und die fällt denkbar schlecht aus: Die Weltverschwörer haben im Reality Check voll abgeloost!

Hier mal einige Erkenntnisse zu den Weltverschwörern – alle folgenden Zitate nach Jochen Römers „NWO – Die neue Weltordnung – was sie bedeutet“:

„Die UNO wurde also von den Illuminaten bzw. von den Templern als die größte Freimaurerloge der Welt erschaffen, wobei 2 Weltkriege und die Wallstreet-Finanzkrise 1929 als deren größten Kunststücke des 20. Jhdt. Vorausgingen“
„1999 fand ein Treffen der Führer aller Religionen statt mit dem Ergebnis, eine globale Weltreligion zu schaffen“
„Die NWO ist das Endziel einer Verschwörung, die eine Ultradiktatur durch die Infiltrierung aller Systeme errichten will“
„Von Anfang an waren die Machenschaften der Illuminaten-Gesellschaft auf ein Bündnis mit Satan begründet.“
„Heute versucht man mithilfe künstlicher Feindbilder (Propaganda) einen Atomkrieg vom Zaun zu brechen – sei es im Iran oder in Korea.“
„NWO-Plan der Tötung von 90% der Weltbevölkerung“

So weit, so gut. Aber jetzt schauen wir uns mal an was aus all den tollen Plänen wurde:

Die „Eine-Welt-Republik“, der einzige und alleinige Superstaat, steht ganz oben auf der „to do“-Liste der Weltverschwörer. Doch mit seiner Etablierung schaut es verdammt schlecht aus. Die Sache entwickelt sich sogar äußerst ungünstig, allein in den letzten hundert Jahren hat sich die Anzahl der Staaten nicht etwa reduziert, sondern verdreifacht! Seit den 1990ern proklamiert ohnehin jede Ansammlung von Kuhdörfern seine eigene Republik. Nur Deutschland, der Staat den die Weltverschwörer besonders hassen, ist nicht zerfallen, sondern hat sich sogar noch vergrößert. Fünf, setzen!

Groß-Israel: Es ist zum Mäuse melken! Da entfachen die Verschwörer zwei Welt- und einen Arsch voller Regionalkriege, bringen Millionen von sich selbst um, und was haben sie davon? Schlechte Presse und einen Streifen in der Wüste, umgeben von Arabern! Selbst mit den besetzten Gebieten, auf die nun wirklich niemand scharf ist, sind das grad mal 29 Tausend von 510 Millionen Quadratkilometer der Erdoberfläche. Ein Siebzehntausenfünfhundertsechsundachtzigstel -expandiert „Groß-Israel“ in dieser Geschwindigkeit weiter, ist es bis zum Erlöschen der Sonne etwa so groß wie Österreich.

Die Vernichtung großer Teile der Menschheit. Ob alle „Weißen“, ob alle „Schwarzen“, oder überhaupt alle: Die Feinde der Weltverschwörer behaupten gerne, diese würden gerne die Weltbevölkerung erheblich dezimieren. So ziemlich alle Krankheiten von der Pest bis AIDS und Ebola wurden dafür in Laboren gezüchtet und unters Volk gebracht, mittels Chemtrails (Kondensstreifen) wird Gift gespritzt, und Naturkatastrophen werden im Wochentakt über den Erdball gejagt. Aber so viele die Illuminaten mit Tsunamis ins Meer spülen, vom Erdbebenboden verschlucken und vom Winde verwehen lassen: Die werden trotzdem immer mehr! Und zwar alle! Und das allerschlimmste: Die leben auch noch immer länger. Nein!!! Doch. Ohhh!

Auch alle anderen Projekte der Super-Illus scheinen vorerst gescheitert: Die Inplantierung von Chips in die Menschen um sie zu steuern: Nix wurde draus. Die geplanten Weltuntergänge 1999 bzw. 2012: auf unbestimmte Zeit verschoben. Nicht mal ein kleiner Atomkrieg und schon gar kein Dritter Weltkrieg ist sich ausgegangen. Dazu kommt: Seit es das Internet gibt, schauen die Leute kaum mehr aus dem Fenster, deswegen ist auch die Anzahl an UFO-Sichtungen stark rückläufig. Die Lieblingsspielzeuge der Verschwörer, UNO und EU, stecken in der Krise. Satan mögen nur mehr ein paar 16-jährige Heavy Metal-Fans und wer ernsthaft auf eine Einheitsweltreligion hofft hat wohl nicht mehr alle Sardinen in der Büchse.

So weit, so schlecht. Dabei haben sich der Gehörnte und seine Allianz aus super-schurkischen ethnischen Minderheiten so viel Mühe gegeben! Man möchte fast meinen, die Welt hat sich gegen sie verschworen.

Thomas Rammerstorfer

13. 2. ´15: „Brauntöne“ in Vöcklabruck

im OKH – Hans Hatschek- Straße 24, 4840 Vöcklabruck
19.30 – Eintritt: Freiwillige Spenden

Rechtsextremismus ist zu einer großen Jugendbewegung geworden – auch und gerade in Österreich. „Rechts sein“ ist in und längst beschränken sich faschistoide Ideen und Sprüche nicht mehr auf Unterschicht-Milieus. Wichtigstes Propagandamittel ist Musik: „Primär ist es die Musik die den Weg in die rechtsextreme Szene ebnet“ hat sogar der Verfassungsschutz richtig erkannt – freilich ohne bis dato irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen. So konnten und können braune Bands und Barden in den vergangenen Jahren in Österreich oft ohne Probleme auftreten.

Thomas Rammerstorfer lädt ein zu einer Geisterbahnfahrt in die musikalischen Abgründe der braunen Rattenfänger, deren Repertoire sich längst vom Skinhead-Rock in fast jede denkbare Musikrichtung erweitert hat – vom Nazi-Metal, Hate Core, Dark Wave bis hin zu Techno, Hip Hop und Schlager-/Schunkellieder. Nicht ohne Auswirkungen auf den Mainstream, wo rechtskonservative Ideen von Bands wie Frei.Wild verbreitet werden. Der Bild- und Tonvortrag lief bereits über 50-mal in Österreich und Deutschland.

https://www.facebook.com/events/513660538774131/

FÄKALKÜNSTLER UND ASOZIALE ALIMENTE

aus KUPFzeitung Nr. 152

Der Kulturkampf der 1990er, 20 Jahre Guttenbrunner Erklärung der KUPF – und was wurde. Rechtsextremismus in allen seinen Facetten ist ein allgegenwärtiger Tatbestand im politischen Spektrum Oberösterreichs. Die KUPFzeitung hat den Journalisten Thomas Rammerstorfer gebeten, die Geschichte und Gegenwart des rechten „Kulturkampfs“ gegen freie Zeitkultur in Oö nachzuzeichnen.

kupf

«Bombe im Alten Schlachthof. Tod allen linken und asozialen Alimenten (sic)» teilte ein anonymer Anrufer während des «Music Unlimited»-Jazzfestivals der Welser Polizei mit. Der Schlachthof wurde geräumt, keine Bombe gefunden, und die «Alimente » konnten weiterfeiern. Eine Episode aus dem Jahr 1995, folgenlos, aber kennzeichnend für eine gewisse Stimmung. Auch die FPÖ hatte gegen das (O-Ton) «total beschränkte Festival» protestiert. Bereits 1992 (gegen eine Ausstellung von Cornelius Kolig, der von Jörg Haider als «Fäkalkünstler» tituliert wurde [1]) und 1993 (gegen eine Ausstellung von Hermann Nitsch) gingen Neonazis und christliche Rechte in Wels auf die Straße.

Wien

Begonnen hatte das alles nicht in Wels, und auch nicht in Linz, sondern in Wien. 1986 wurde nicht nur ein Kurt Waldheim Bundespräsident und ein Jörg Haider FPÖ-Obmann. Es gab da noch Claus Peymann, der die Direktion des Burgtheater übernahm und für die nächsten Jahre als hauptsächlicher Reibebaum konservativer und rechtsextremer Kulturkämpfer fungierte. Insbesondere die Inszenierung des «Heldenplatz » von Thomas Bernhard im Gedenkjahr 1988 brachte das vereinte Spießertum auf die Barrikaden des Boulevards, und in Form einer Gegendemonstration am Premierentag auch tatsächlich auf die Straße. Noch jahrelang sollte es heiß her gehen: 1991 räumte Kanzler Vranitzky erstmals so etwas wie eine Mittäterschaft von ÖsterreicherInnen an den Verbrechen der Nazis ein. Gleichzeitig erreichte die Fremdenfeindlichkeit im Lande erste, traurige Höhepunkte durch rechte Wahlerfolge und Gewalttaten. 1993 folgte schließlich das Lichtermeer, die Manifestation eines «guten» Österreichs, in dem die Kunstund Kulturszene praktisch geschlossen der rassistischen FPÖ-Hetze eine Absage erteilte. Spätestens hier dämmerte den Blauen: Die Kulturschaffenden – von A wie Ambros bis Z wie Zillertaler Schürzenjäger – sind gegen uns.

Der „Kunst und Politik Furz“ und die Guttenbrunner Erklärung

Der Kampf gegen die «kulturelle Hegemonie» der «Linken» wurde 1993, einige Monate nach dem Lichtermeer, von Jörg Haider in seinem Werk «Die Freiheit, die ich meine» quasi offiziell proklamiert: «Ohne werteverteidigenden Kulturkampf ist eine Überwindung des linken Kulturfaschismus nicht möglich» [2].
In weiterer Folge konzentrierte sich die Rechte auf zwei Linien. Zum einen die Kritik an den sogenannten «hochsubventionierten Staatskünstlern», die mutmaßlich im Auftrag der herrschenden Sozialdemokratie gegen die ihre Privilegien in Frage stellenden Freiheitlichen agitierten. Diese Debatten liefen vor allem auf Bundesebene. Auf Landes- und Gemeindeebene wurde den Alternativkulturszenen, die, wenn nicht ohnehin semi-terroristisch, so doch zumindest jugendversauend wirkten, der Krieg erklärt. Ab 1994 erreichte die Intensität des Kulturkampfes in Oberösterreich lichte Höhen und ungeahnte Tiefpunkte. Die FPÖ veröffentlichte ein Pamphlet mit dem Namen «Kunst und Politik Furz». Diese gegen die KUPF-Vereine und das «Festival der Regionen» gerichtete «Dokumentation» wurde allen freiheitlichen Gemeinde- und LandespolitikerInnen als «Argumentationshilfe » zugestellt. In Anti-Antifa-Manier waren – nicht mal ein Jahr nach der ersten Briefbombenwelle – AktivistInnen der KUPF-Vereine mit Foto und Adresse aufgelistet.
1995, das war das Jahr des missglückten Bombenattentats zweier Linksradikaler im niederösterreichischen Ebergassing, beide waren unter nie ganz geklärten Umständen dort zu Tode gekommen, witterte man eine anarchistische Terrorgefahr. FPÖ und Boulevardblätter übten sich im Konstruieren linksradikaler Netzwerke, die vermeintlich ganz Österreich überzogen. In Oberösterreich waren es wiederum hauptsächlich KUPF-Vereine, die «Handlangerdienste für die linke Gewaltszene leisten» [3], so der damalige FPÖ-Obmann Achatz. Dazu zählte Achatz etwa die Linzer Stadtwerkstatt, den – als Gegenpol zur jährlichen freiheitlichen Veranstaltung in Ried im Innkreis gedachten – «Kulturpolitischen Aschermittwoch», und natürlich den Schwertberger KANAL, der als Wiederverkaufsstelle des «TATblatt» sowieso eine Art Vorhof zur Hölle sein musste. Zum obersten Feldherr der freiheitlichen Kulturkämpfer avancierte der Wiener Rechtsextremist Walter Marinovic [4] mit gleich drei Büchern zum Thema in den Jahren 1994 und 1995. Diverse Gerichtsverfahren KUPF vs . FPÖ zogen sich bis 1997 und wurden allesamt von den Guten gewonnen.
In diesem Klima entstand die «Guttenbrunner Erklärung» [5] als «eine Grundsatzerklärung der KUPF (…) anlässlich der kulturfeindlichen Tendenzen der FPÖ.» In 15 Punkten distanziert sich die KUPF von den Anwürfen und verteidigt eine tolerante Kulturpolitik. Man «erklärt sich mit allen solidarisch, die sich (…) für eine liberale, tolerante, demokratische, menschliche und friedfertige Gesellschaft einsetzen.» In der Praxis lief dies nicht ohne Differenzen. Geschäftsführer Günther Mitter verließ die KUPF im Jahr nach der Guttenbrunner Erklärung «im Streit, weil man von mir verlangte, Solidaritätsadressen gegenüber anarchistischen Gruppen zu verfassen» [6], so Mitter.

Warum Oö?

In keinem anderen Bundesland wurde der Kulturkampf so intensiv und an so vielen Schauplätzen geführt. Auch die eingesetzten Mitteln der Rechten waren vielfältig: Demonstrationen und Kundgebungen, Pressearbeit, Broschüren und Bücher, Verleumdungen und Bombendrohungen. Da stellen sich nun Fragen. Ist Oberösterreich kulturpolitisch besonders konservativ? Das mag im Vergleich zu Wien, das in den kulturellen und soziologischen Prozessen etwa 5 bis 10 Jahre voraus war, gelten, sicher nicht im Vergleich zu anderen Bundesländern. Nein, dass sich «freie Szene» und «freiheitliche Partei» so in die Haare gerieten, lag in erster Linie mal daran, dass sie beide in gewisser Größe existierten. Nirgends hatte (und hat) die FPÖ mehr Mitglieder und entsprechende Strukturen als in Oberösterreich; nirgendwo stand (und steht?) ihr mehr zivilgesellschaftlicher Widerstand gegenüber.

Heute

Den Brachialattacken der 1990er Jahre hielt die «freie Szene» tapfer stand. Bald wanderte der rechte Zirkus zum nächsten Feindbild weiter. Seither hat man allzu offensichtliche kulturkämpferische Kampagnen unterlassen. Insbesondere im Wetteifern um die Stimmen der JungwählerInnen gibt man sich lieber modern-populistisch denn reaktionär- verbohrt. Zudem wähnt man sich spätestens und seit dem Trachtenboom und den Erfolgen des Andreas Gabalier ohnehin als Sieger im Kampf um die kulturelle Hegemonie – meines Erachtens zu Recht. Wo es möglich ist, haut man der Alternativkultur aber immer noch gern das Hackl ins Kreuz, siehe zum Beispiel die Groteske um den KUPF-Innovationstopf 2010 oder die Kürzung der Subvention für den «Alten Schlachthof» in Wels 2013. Die Taktiken haben sich geändert, die Ideologie ist die gleiche geblieben.

Die andere Frage ist: Sind auch «wir» die gleichen geblieben? Das muss man wohl verjeinen. Wir erleben ein gutes Vierteljahrhundert rechter Dauerberieselung, ein Vierteljahrhundert, in dem sich die sozialen Verhältnisse krass zu Ungunsten der sozial Schwachen verändert haben, während die breite Öffentlichkeit sich mit mehr oder weniger rassistischen Diskursen bei schlechter Laune hält. Die Aufgeregtheit vom Anfang der 1990er, als FPÖ-Wahlerfolge, Neonazis, Briefbomben und die rechtsextreme Massenmobilisierung in Deutschland die Ära gesellschaftspolitischen Fortschritts jäh beendeten, ist weg. Freilich hat sich an den grundlegenden Positionen der KUPF nichts geändert, sie wurden 2009 auch nochmal verdeutlicht [7]. Die breite Mobilisierung zum Thema der vielleicht auch schmäler gewordenen Basis ist nicht mehr so einfach.

Im Kulturbereich schien die Frontstellung vor 30 Jahren deutlich klarer als heute. Es gab – zumindest stellte es sich einem so dar – das «alte», Klassik, Schlager, Blasmusik, Goldhauben, konservativ, reaktionär, rechts, böse! Und eben das «junge», alternative, das musikalisch quasi alle anderen Stilrichtungen umfasste und sich politisch meist als links, mindestens aber als gesellschaftskritisch verstand. Gerade in Oberösterreich war diese Bewegung sehr breit und vielfältig und hatte großes subversives Potential. Das wurde von der ÖVP und der SPÖ durchaus erkannt und mit Hilfe von relativ viel Zuckerbrot integriert und weitgehend egalisiert. Die FPÖ hätte lieber die Peitsche gesehen und daran hat sich wohl nichts geändert. Die Frage der Zukunft wird sein, ob sich die KulturarbeiterInnen auf die Verteidigung des Brotes beschränken oder sich wieder mehr im Kampf um Kuchen für alle engagieren.

[1] Ich kann’s mir nicht verkneifen anzumerken, dass Haider Herrn Kolig 2006 den Kärntner Landeskulturpreis überreichte. Kolig nahm ihn via Greifzangen entgegen.

[2] Jörg Haider, Die Freiheit, die ich meine, S. 230, 1993

[3] Das linke Netz in Oberösterreich, in „Rund um uns“ Nr. 461

[4] web.archive.org/web/20121026184939/gruene.at/uploads/media/Marinovic.pdf

[5] kupf.at/positionen/guttenbrunner-erkl-rung

[6] Mitter, Tante KUPF, in „20 Jahre KUPF“, S. 38

[7] kupf.at/positionen/kulturpolitik/positionspapiere/no-pasaran

10. 12. ´14: „Grenzenlos rechtsextrem“ in Salzburg

19:00 Vortrag „GRENZENLOS RECHTSEXTREM. Die braune Szene in Bayern und Österreich. Parallelen, Unterschiede und Vernetzungen.“

Vortragende: Thomas Rammerstorfer, Journalist und Rechtsextremismusexperte // Mario Born, Historiker und Politikwissenschaftler

Ort: Unipark Nonntal, HS E.003

VeranstalterInnen:
Grüne und Alternative StudentInnen Salzburg & Junge Grüne