Parlamentarische Anfrage zu „Objekt 21“ und Kameraden in Deutschland

Während die oberösterreichische PolitikerInnen in Sachen antifaschistischer Aktivitäten in ihren üblichen Dornröschenschlaf entschlummert sind, nimmt zumindest die deutsche Partei „Die Linke“ die Sache ernst. Heute – 5. November 2013 – wird eine parlamentarische Anfrage zu den grenzüberschreitenden Naziaktivitäten eingebracht. Mit der deutschen Bundestagsabgeordnete Martina Renner, die im Gegensatz zu ihren heimischen BerufskollegInnen den Weg zu „Objekt 21“ – Prozess nach Wels fand, sprach ich ebenda.

renner

Was gibt es für Verbindungen von Objekt 21 nach Deutschland?

Wenn man sich die Neonazis ansieht, die auf bundesdeutscher Seite zum Netzwerk des O21 gehören, dann fällt auf, dass diese überwiegend aus den Strukturen von Blood&Honour, insbesondere entsprechender Bands und deren Umfeld gehören bzw. aus dem Bereich der extrem nazistischen völkischen Organisationen wie der verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“. Enge Verbindungen zwischen Neonazis aus Thüringen zu den braunen Granden in Österreich wie Helmut Schweiger sind ebenfalls belegt. Die Kontakte zwischen den Gruppierungen und Personen gehen zurück bis auf die frühen 2000er Jahre. Regelmäßig waren österreichische Neonazis zu Gast bei rechtsextremen Konzerten und braunen Festivals, wie dem „Thüringentag der nationalen Jugend“. Im Gegenzug zog es Thüringer Neonazis nach Österreich. Es drängt sich nach der Aussage des Belastungszeugen P. der Eindruck auf, dass insbesondere Neonazis, die in Deutschland durch schwere Körperverletzungsdelikte aufgefallen waren bzw. sogar entsprechende Haftstrafen verbüßten gezielt für das Objekt 21 „geworben“ wurden. Zu fragen ist nun, wie groß ist das Netzwerk, welche Aktivitäten hat es auf bundesdeutscher Seite durchgeführt, insbesondere gibt es hier auch Verbindungen in den Bereich der Organisierten Kriminalität und welche Gefährdung geht durch diese Personen und Hintermänner aus.

Wie schätzen sie die Arbeit der oberösterreichischen Behörden ein?

Im Prozess hatte man schon ein Deja vu. Die Unbedarftheit mit der Polizei wohl jahrelang dem Treiben zugesehen hat bzw. den neonazistischen Kontext ausblendete, erinnerte schon fatal an Ermittlungspannen der bundesdeutschen Behörden in den Anfangsjahren des NSU. Bezeichnend ist auch, dass erst von außen der Druck derart hoch angesetzt werden musste, durch die Veröffentlichung von Bildern aus dem Objekt 21, dass entsprechende Strafverfolgungsmaßnahmen gezielt in Gang gesetzt wurden. Wichtig ist dafür zu sorgen, dass die Diskussion um diese Strukturen nicht trennt zwischen hier Organisierte Kriminalität und da Naziterror. Eines muss klar sein, das sind zwei Seiten einer Strategie. Nämlich ein autonomes Netzwerk zu schaffen, dass genügend Geld verfügt Neonazis zu binden, aber auch Waffen etc. zu besorgen.

Mehr Infos und die Anfrage gibts in Kürze auf: http://www.martinarenner.de

Road Crew: Die „unpolitischen“ Neonazis

Neue subkulturelle Trends und Organisationsformen deutscher Rechtsextremer finden heute meist schnell ihre Entsprechungen in Oberösterreich. Die Szene ist über die Staatsgrenze hinweg gut vernetzt. Neonazis aus Oberösterreich besuchen ihre Kameraden regelmäßig, gehen mit ihnen auf einschlägige Konzerte oder zum Fußball. Mit der „Road Crew“ ist nun eine neue Form rechtsextremer Männerbündelei auch in Österreich angekommen. Führend dabei sind Neonazis aus Wels und dem Mühlviertel.

Road Crew 24

Die Gruppierung Road Crew 24 entstand an sich als Fanclub der rechten deutschen Skinhead-Band „Barking Dogs“, wobei die 24 für den zweiten und vierten Buchstaben des Alphabets steht, also den Initialen der Band. Nachdem sich die Barking Dogs 2008 auflösten, bestand die Road Crew weiter als eine Art – offiziell unpolitischer – Freizeitverein verschiedener Leute aus der rechtsextremen Skinhead- und Hooliganszene. Von Düsseldorf aus gründete man weitere „Chapter“, zuerst in Bochum, Bielefeld, Mönchengladbach und Stuttgart.[1] Der Begriff „Chapter“ bedeutet hier in etwa „Ortsgruppe“. Er  entstammt dem Rockermillieu, welchem man auch die Organisationsstruktur weitgehend übernommen hat. So setzt man nicht darauf eine breite Masse an Mitgliedern zu rekrutieren, sondern versucht eher ältere, gefestigtere Szenegänger anzusprechen, die ihre Loyalität bereits unter Beweis gestellt haben. Eine neonazistische Einstellung ist dabei kein Muss, aber sicherlich auch kein Hindernis. Die eigenen Veranstaltungen – Feste, Konzerte, Hobbyfußballturniere – werden konspirativ organisiert, die Orte sind nur einem kleinen Kreis an Eingeweihten vorab bekannt, der Rest wird per facebook bzw. SMS erst am Tag des Geschehens informiert.

Road Crew Oberösterreich

Während die Road Crew-Chapter in Deutschland recht bunte Mischungen unpolitischer und rechtsextremer Männerbündler darstellen, dominieren im Anfang 2012 gegründeten Oberösterreich-Chapter Neonazis. Die namentlich bekannten Mitglieder sind Stammbewohner des heimischen braunen Sumpfes: Aus Wels Markus S., altgedienter Anhänger der Nazi-Skinhead-Organisation „Blood and Honour“, verhinderter Kandidat der verbotenen Neonazi-Liste „Die Bunten“ und ehemaliger Aktivist des rechtsextremen „Rapid Club Wels“. Diesem entstammt auch ein weiteres Road Crew-Mitglied, Klaus St., sowie Jungnazi Julian E. aus Weißkirchen bei Wels. Aus dem rechtsextremen Hooligan-Millieu von Blau Weiß Linz stießen Stefan G., Michael N. und Harald A. hinzu, und auch zumindest ein Aktivist der Braunauer Nazi-Szene, Thomas K. ist mit von der Partie. Die via  facebook von deutschen Road Crew-Aktiven ausgegebenen Drohung „Wer zu sehr prahlt und sich der Öffentlichkeit preis gibt, wird schnell am Galgen hängen!“ wird von den Oberösterreichern nicht recht ernst genommen. Dutzende Fotos von Treffen der österreichischen und deutschen Mitglieder wurden veröffentlicht, wohl um Eindruck innerhalb der Szene zu schinden und die Position der RC in Österreich herauszuheben. Im Sommer 2013 wurde schließlich ein „Supporter“-Capter in der Steiermark gegründet, auch ein Italien-Chapter existiert zumindest auf dem Papier.

rcartikel

Der Organisationsansatz der Road Crew bietet eine Reihe von Vorteilen für die Aktiven. In Zeiten der Politikverdrossenheit, auch bei Menschen mit rechtsextremer Einstellung, wirkt der Freizeitbund anziehend, mit seiner wachsenden Anzahl an Ortsgruppen auch mächtig. Ein behördlicher Verfolgungsdruck besteht nicht, ebenso wenig lästige Verpflichtungen wie Flugblätter verteilen oder dergleichen. Trotzdem kann man sich als Gruppe von Verfolgten und Missverstandenen inszenieren, die nur durch unbedingten Zusammenhalt in einer ach so feindlichen Umwelt bestehen kann.

rcsteiermark


[1] http://www.publikative.org/2011/12/21/unpolitischer-freizeitverein-der-barking-dogs-fanclub-road-crew-24/

16. 10. 2013: „Oberösterreich ganz Rechts“ in Wels

mit Thomas Rammerstorfer

Kaum ein Monat vergeht, ohne dass es die rechtsextreme Szene Oberösterreichs nicht in die Schlagzeilen schaffen würde. Aufsehen erregende Fälle wie der „Bund Freier Jugend“ oder „Objekt 21“ sind aber nur die sichtbare Spitze eines braunen Eisbergs, dessen verborgener Kiel tief in der Geschichte wurzelt.
Das Referat versucht die historischen Wurzeln der speziellen Situation Oberösterreichs offen zu legen und einen aktuellen Überblick über rechtsextreme Tendenzen dort zu schaffen.

Mittwoch, 16. Oktober 2013 um 18 Uhr

Büro der SJ/AKS, Karl Loy-Str. 17, 4600 Wels

 

Wade Michael Page und die deutsche und österreichische Nazi-Musik-Szene

von Thomas Rammerstorfer

Es ist ein Thema, das mich schon länger wurmt, und das trotz aller Brisanz zumindest meines Wissens noch nie behandelt wurde: Die Kontakte des 6-fachen Mörders Wade Michael Page, des „Sikh Temple shooters“, in unsere Breiten.

intimidationonekonzert

Bei einem Konzert in Österreich auf der Bühne: Gregor T., Marcus D., Jasons Stevens und Wade Michael Page

Ein rassistisch motivierter Amoklauf erschütterte am 5. August 2012 die USA. Der Neonazi Wade Michael Page stürmte in Oak Creek/Wisconsin in einen Sikh-Tempel und erschoss sechs Menschen. Weitere wurden verletzt, der Täter richtete sich selbst. Während sich die öffentliche Diskussion schnell auf die US-Waffengesetzgebung fokussierte, wurden die Verbindungen des Täters nach Europa, auch nach Österreich, nie beleuchtet.

Page war Mitglied der internationalen Skinhead-Organisation „Hammerskins“ und ein langjähriger Aktivist der Nazi-Musikszene der USA. Laut US-Medien spielte er, als Vollmitglied oder „aushilfsweise“, bei folgenden Bands: Intimidation One, Youngland, Max Resist, Aggressive Force und den Blue Eyed Devils aus den USA, zudem sprang er auch bei den britischen Celtic Warriors und den deutschen Radikahl ein. Jede einzelne dieser Bands gab auch Konzerte sowohl in Deutschland als auch in Österreich, manche waren mehrmals hier auf Tour. Bei welchen Auftritten Page dabei war und wo nicht lässt sich nur schwer nachvollziehen. Ein Bild eines „Intimidation One“-Auftritts, vermutlich in Vorarlberg, zeigt ihn auf der Bühne mit den österreichischen Blood and Honour-Aktvisten Gregor T. und Marcus D.

Mit der Band Definite Hate spielte er den Song „Take Action“ ein, in dem es heißt: “Revolution’s in the air. 9mm in my hand. You can run but you can’t hide from this master plan.“ Eine Waffe dieses Kalibers, 9 mm, benützte er schließlich auch für seine Morde. Definite Hate und End Apathy waren die letzten Stationen seiner Musikkarriere. Diese begann quasi in Europa. Im Jahr 2000 heuerte er bei Jason Stevens US-Neonazi-Band „Intimidation One“ für eine Tournee dort an.

„Stevens recruited the then-28-year-old Page as a guitarist to fill in for a band member who couldn’t get a passport for an upcoming European tour”[1] berichtet ein US-Magazin. Es dürfte auch Schwierigkeiten mit den Behörden gegeben haben:

“(…) there were a few times Wade was arrested and quickly released when he and his bandmates illegally played their neo-Nazi music in public while on tour in Europe, where several countries have banned public displays of Nazism”[2].

Ob mit oder ohne Probleme, zahlreiche Europa-Auftritte, insbesondere im deutschsprachigen Raum wurden absolviert. 2004 nahm man sogar ein ganzes Album mit ins Englische übersetzten Versionen der Lieder der deutschen NS-Kultband Landser auf. Und so trauern auf Jason Stevens facebook-Seite (Jason Sandeaux) auch Deutsche um Page: Christian Rechenbach aus Thüringen schreibt „R. I. P. my friend“ und „I will remember him as the good, nice and honest person that he was“. Michel Schäfer, ebenfalls aus Thüringen ergänzt: “da geb ich dir recht, lass ihn in unserer erinnerung halten so wie er war.”

Inwieweit andere Thüringer – der im November 2011 enttarnte „Nationalsozialistische Untergrund“ – Page zu seiner Wahnsinnstat inspirierten ist nicht bekannt. Das musikalische Werk von Nazi-Bands wie „Intimidation One“ erfreut sich ungebrochener Beliebtheit im deutschsprachigen Raum. Die 2013 erschienene Best-of CD „10 Years on the frontline“ wird vom „Germaniaversand“ auch im deutschsprachigen Raum ganz legal vertrieben.

3. 10. 2013: Diskussion in Wien

Diskussion auf der WavesVienna-Konferenz

Gut gemeinte Zensur oder wichtige Kontrolle (11:00–12:00)
Wie gehen wir damit um, dass Kunst, die uns teilweise zuwider sein mag, aber gegen keine Gesetze verstößt, ein großes Publikum anspricht?

Sprecher: Walter Gröbchen (monkey./AT), Thomas Rammerstorfer (Kulturverein Infoladen Wels), Muff Sopper (Planet Music/AT), Sylvia Margret Steinitz (Wienerin/AT), Klaus Werner-Lobo (Kultursprecher der Grünen Wien/AT), Moderation: Stefan Parnreiter-Mathys (Cultural Manager/AT)

Urania/Wien, Dachsaal

Infos unter http://www.wavesvienna.com/konferenz/schedule/

16. 9. 2013: Migration in Wels/Lichtenegg beim Antifa-Forum

MONATSFORUM

Montag, 16.09.2013, 18.30 Uhr, nöfas Café, Wels

Vortrag von Thomas Rammerstorfer:

WIR VON ÜBERALL
Geschichte der Migration im Welser Stadtteil Lichtenegg

Kaum ein Ort in Österreich erlebte mehr Migration als der Welser Stadtteil Lichtenegg. Mit dem beginn des Zweiten Weltkrieges kamen Kriegsgefangene, ZwangsarbeiterInnen und KZ-Häftlinge; später ausgebombte „Reichsdeutsche“ und OsteuropäerInnen. Nach ´45 bewohnten tausende jüdische Flüchtlinge das Lager 1001, ab 1952 wiederum vor allem „Volksdeutsche“ und andere OsteuropäerInnen. Der Aufstand 1956 in Ungarn füllte das Lichtenegger Flüchtlingslager erneut. Auch Indochina- bzw. Vietnamkrieg hinterließen ihre Spuren, dazu kam die Arbeitsmigration ab den 1960ern. Mit dem in den 1970ern entstandenen Lichtenegger Stadtteil Noitzmühle haben wir heute einen Ort mit besonders vielen MigrantInnen – fast von der ganzen Welt einerseits, aber auch viele BinnenmigrantInnen aus den ländlichen Regionen Oberösterreichs andererseits. Interessanterweise ist diese lebhafte, belebende, aber auch mitunter konfliktgeladene Geschichte auch den EinwohnerInnen des Stadtteils selbst nur wenig bewusst. Um dies zu ändern wollen wir eine Ausstellung organisieren, in der sich alle Interessierten mit der Geschichte Lichteneggs vertraut machen können.
Wir wollen Geschichte erlebbar machen, anhand „unseres“ Viertels. Von den beiden Weltkriegen und ihren Folgen zu den kommunistischen Machtergreifungen in Osteuropa, vom Ungarnaufstand `56 bis zum Vietnamkrieg, vom Fall des Eisernen Vorhanges bis zu den Jugoslawienkriegen: Alle diese Ereignisse haben ihre Spuren in Lichtenegg hinterlassen. Die jüngere Zeitgeschichte kann anhand der Auswirkungen auf den eigenen Stadtteil erzählt werden und wird somit besser (be-)greifbar.

Viel Arbeit für den Teufel

strachelike

 

Satan und der Prophet: Der mit jüdischen Symbolen bestückte Satan im Ringen mit den Propheten. Gefunden auf einer Seite der „Avusturya Ülkücü Genclik“, die den rechtsextremen türkischen „Grauen Wölfen“ nahe steht.

 

strachvssatan

 

Satan und der Führer: Kursiert in FPÖ-nahen facebook-Gruppen. Kindisch-autoritäre Denkmuster gleichen sich auch in ihrer optischen Aufbereitung, Interessant wäre nur: Wer hat wohl von wem geklaut?

Zu guter Letzt steigt noch Gottes Sohn in den Ring:

satanvs.jesus

 

Eingedenk dieser Gegnerschar bekommt man ja schon fast „Sympathy for the Devil“…